EuGH-Urteil: Sind Urlaubsansprüche vererbbar?

In einem Todesfall ist die Frage, ob der Verstorbene noch Urlaubsansprüche hat und wie damit umzugehen ist, zunächst natürlich zweitrangig. Irgendwann müssen aber auch solche Details geklärt werden. Der EuGH hat dazu nun eine Entscheidung gefällt, die der bisherigen deutschen Rechtsprechung widerspricht.

Wenn ein Mensch stirbt, hinterlässt er eine Leere bei den Menschen, die zurückbleiben. Mancher verliert den Lebenspartner, ein Elternteil, nahe Verwandte, liebe Freunde. Wenn Menschen aus dem Berufsleben gerissen werden, verliert zudem auch der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter. Dann stellen sich für das Unternehmen und auch für die Angehörigen viele Fragen, die nicht gleich auf den ersten Blick sichtbar sind, aber dennoch in beidseitigem Interesse geklärt werden müssen.

Kernfrage bisher: Arbeitsverhältnis vor dem Tod beendet?  

Eine dieser Fragen betrifft den Urlaubsanspruch. Bislang galt die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG), wonach mit dem Tod des Arbeitnehmers sein Urlaubsanspruch erlischt. Eine Abgeltung von Urlaubsansprüchen für Erben erkannte die Rechtsprechung (siehe Urteil vom 12.3.2013, Az. 9 AZR 532/11) nur an, wenn bei dem Verstorbenen ein Urlaubsabgeltungsanspruch bereits entstanden war. Konkret heißt das: Der Arbeitnehmer musste also das Ende seines Arbeitsverhältnisses „überlebt“ bzw. „erlebt“ haben. Standen ihm dann noch Urlaubsansprüche zu, so verwandelten sich diese in einen Urlaubsabgeltungsanspruch beim Arbeitnehmer. Diesen Anspruch konnte er sodann auch vererben.

EuGH sieht die Sache anders

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte nun, dass dieser Urlaubsanspruch sehr wohl vererbt werden kann – hat sich doch der Verstorbene zu Lebzeiten einen Anspruch auf Bezahlung während des Urlaubs erarbeitet. Der könne ihm und später auch seinen Erben nicht entzogen werden. Dieser Grundsatz gilt den Richtern zufolge sowohl für staatliche als auch für private Arbeitgeber.

Im deutschen Erbrecht vorgesehen, dass die Erben die Rechtsnachfolge des verstorbenen Erblassers antreten. Demnach gehen die Rechte und Pflichten des Verstorbenen auf die Erben über. In der Praxis hat dies zur Folge, dass man nicht nur das Vermögen erbt, sondern mitunter auch die Schulden des Verstorbenen. Dabei kann man – das steht nun also fest – auch die eventuell noch bestehenden Urlaubsansprüche des Erblassers geltend machen.

Natürlich kann der Erbe den bestehenden Urlaubsanspruch nicht selbst antreten, da er kein Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber des Verstorbenen hat, aber nichtsdestotrotz kann der Erbe die Ansprüche geltend machen. Das Urteil des EuGH klärt eindeutig, dass der Urlaubsanspruch durch den Tod des Arbeitnehmers nicht verfällt.

Die Vorgaben des EuGH muss das deutsche Bundesarbeitsgericht, das in diesem Punkt anderer Auffassung ist, nun umsetzen. Es bleibt spannend, wie dies im Detail geschehen wird.

 

EuGH-Urteil: Az.C-118/13

Foto: Tobias Käter/shutterstock

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