Wie weit geht die Beurkundungspflicht bei Grundstückskaufverträgen? Zu dieser Streitfrage, die in der Praxis regelmäßig auftaucht, hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein wegweisendes Urteil gefällt.
Konkret hatte der BGH zu entscheiden, ob Änderungen an Grundstückskaufverträgen nach der Auflassungserklärung formlos möglich sind oder ob es dafür die notarielle Form braucht. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH wäre dies formlos möglich, jedoch hatte ein gegensätzliches Urteil des OLG Stuttgart für Unruhe und Rechtsunsicherheit gesorgt.
Änderung nach der Auflassungserklärung: Braucht es den Notar noch einmal?
Der etwas verzwickte Fall, um den es ging, drehte sich um einen Verkauf, bei dem eine spezielle Anweisung an den Notar ergangen war. Er sollte die Urkunde erst dann final erteilen, wenn der Kaufpreis nachweislich gezahlt wurde. Schriftlich einigten sich beide Parteien dann aber noch auf eine Kaufpreisminderung, die mit Dekontaminationsarbeiten zusammenhingen. Diese Änderung des Kaufvertrags wurde aber nicht notariell beurkundet, da die Urkunde ja erst ausgestellt werden sollte, wenn der Kaufpreis gezahlt ist. Es kam, wie es kommen musste: Der Käufer zahlte den reduzierten Kaufpreis, die Verkäuferin klagte jedoch später auf Zahlung der Differenz. Das OLG Stuttgart gab ihr, trotz anderslautender ständiger Rechtsprechung des BGH, recht. Dann landete der Fall schließlich im Revisionsverfahren direkt beim BGH.
BGH ließ sich nicht beeindrucken
Die Richter am BGH schlossen sich der Vorinstanz jedoch nicht an, sondern blieben bei ihrer bisherigen Rechtsprechung. Wenn die Auflassung erklärt wurde und danach noch Änderungen am Grundstückskaufvertrag vereinbart werden, dann braucht es für diese Änderungen nicht die notarielle Form. Zur Begründung führte der BGH unter anderem an, dass bereits die notariell beurkundete Auflassungserklärung und die damit einhergehenden Automatismen den Schutzinteressen aller Beteiligter in ausreichendem Umfang gerecht werden.
Empfehlung: Im Einzelfall trotzdem auf Nummer sicher gehen
Das Urteil schafft Rechtsklarheit in einem Minenfeld, das nach dem Urteil des OLG Stuttgart wieder an Brisanz gewonnen hatte. Insbesondere in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft wird die BGH-Entscheidung für Aufatmen gesorgt haben, denn es hätte sonst ein Szenario gedroht, in dem für jeden Anpassungswunsch des Käufers nach der Auflassungserklärung eine neue notarielle Beurkundung notwendig geworden wäre. Privatpersonen ist dennoch zu raten, immer zu prüfen, ob eine notarielle Beurkundung im Einzelfall bei nachträglichen Änderungen nicht doch gewählt wird, um absolut auf Nummer sicher zu gehen.
BGH-Urteil vom 14. September 2018, Az.: V ZR 213/17
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