Persönliche Haftungsrisiken eines Direktors einer Private Limited Company nach deutschem GmbHG bei Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung

Die Globalisierung sorgt auch bei Insolvenzen mitunter für verzwickte Konstellationen. Der BGH hatte sich kürzlich mit der deutschen Zweigniederlassung einer Private Limited Company aus Großbritannien zu beschäftigen. Im Kern ging es um die Frage, inwieweit auch der Direktor einer solchen Limited den Haftungsrisiken nach deutschem GmbHG ausgesetzt ist.  

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem über das Vermögen einer private company limited by shares (Limited), die im für England und Wales zuständigen Handelsregister in Cardiff (Companies House) eingetragen ist, vor einem deutschen Amtsgericht das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Eine deutsche Zweigniederlassung der Limited war in einem deutschen Handelsregister eingetragen, die Limited (Schuldnerin) war auch überwiegend in Deutschland tätig.

Kann das deutsche GmbHG hier Anwendung finden?

Der deutsche Insolvenzverwalter klagte gegen die Direktorin der Limited wegen Ersatz von Zahlungen, die sie nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Limited veranlasst habe (§ 64 Satz 1 GmbHG). Nachdem der EuGH auf entsprechende Vorlage des BGH zur Auslegung von Art. 4 EuInsVO und Art. 49 AEUV und 54 AEUV u. a. festgestellt hatte, dass diese einer Anwendung entsprechender Regelungen des deutschen GmbHG nicht entgegenstehen (EuGH, Urteil vom 10. Oktober 2015 – Rs C‐594/14 „Kornhaas“), entschied der BGH, dass auf den Direktor einer Limited, über deren Vermögen in Deutschland das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, § 64 Satz 1 GmbHG zur Anwendung komme.

Der Zweck der Vorschrift bestehe darin, Masseverkürzungen im Vorfeld des Insolvenzverfahrens zu verhindern und für den Fall, dass der Geschäftsführer seiner Massesicherungspflicht nicht nachkomme, sicherzustellen, dass das Gesellschaftsvermögen wieder aufgefüllt wird, damit es im Insolvenzverfahren zur ranggerechten und gleichmäßigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung steht. Damit werde im Regelfall nicht ein Schaden der Gesellschaft erfasst, sondern ein Schaden der künftigen Insolvenzgläubiger. Dieser Gesetzeszweck treffe auch auf die Gesellschaftsform der Limited zu. Es sei daher gerechtfertigt, den Geschäftsführer deutschen Rechts und den Direktor englischen oder walisischen Rechts in Bezug auf die Haftung bei derartigen Zahlungen gleich zu behandeln.

Inanspruchnahme deutlich erleichert

Aus Praxissicht ist damit festzuhalten, dass auch ein Direktor einer Limited erheblichen Haftungsrisiken nach deutschem GmbHG ausgesetzt ist. Direktoren von in Deutschland (mit Zweigniederlassung) ansässigen Limiteds ist daher zu empfehlen, auch die deutsche Rechtslage bzgl. der Geschäftsführerhaftung im Auge zu behalten. Persönliche Inanspruchnahmen von Direktoren im Rahmen von Insolvenzverfahren sind als Folge der Entscheidung des BGH nunmehr deutlich erleichtert.

BGH, Urteil vom 15. März 2016 – II ZR 119/14

 

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