Die ersten Urteile zur Abmahnbarkeit von DSGVO-Verstößen sind da. Eines bringen sie allerdings in Summe leider nicht: Rechtssicherheit.
Droht nach Inkrafttreten der DSGVO eine große Abmahnwelle? Mit dieser Frage hatten wir uns im EEP-Blog bereits vor einigen Monaten beschäftigt. Inzwischen sind nun die ersten Urteile ergangen, die Klarheit bringen sollten, ob DSGVO-Verstöße überhaupt zu Abmahnungen führen können. Da sich die Entscheidungen jedoch teils fundamental widersprechen, haben sie nicht zu mehr Rechtssicherheit geführt, sondern das Wirrwarr um die DSGVO noch unübersichtlicher gemacht.
Im Kern geht es um die Frage, ob die jeweilige Regelung aus der DSGVO, auf die sich eine Abmahnung beziehen soll, eine sogenannte Marktverhaltensregel im Sinne von § 3a UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) ist. Nur dann kann ein Datenschutzverstoß unter Hinweis auf das Wettbewerbsrecht abgemahnt werden. Schon in der Vergangenheit war dieses Thema jedoch höchst umstritten. Verstöße gegen Regelungen im Bundesdatenschutzgesetz, das vor Inkrafttreten der DSGVO das Maß der Dinge in Sachen Datenschutz war, sahen einige Gerichte als abmahnfähig an, andere wieder nicht. Man musste also kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass auch die erste Rechtsprechung zur Abmahnfähigkeit von DSGVO-Regelungen wohl eher nicht zu eindeutiger Klarheit führen würde.
„Nein“ aus Bochum, „Ja“ aus Würzburg
Das Landgericht Bochum ließ am 7. August 2018 aufhorchen: Verstöße gegen die DSGVO berechtigen einen Mitbewerber regelmäßig nicht zu einer Abmahnung im Sinne von § 3a UWG, entschied das Gericht. Dabei argumentierten die Richter, dass die DSGVO rechtliche Folgen von Verstößen gegen DSGVO-Regelungen selbst abschließend regele. Daher könne weder das UWG noch eine andere Rechtsquelle hier als Rechtsbehelf anwendbar sein. Rund einen Monat später kam dann das Landgericht Würzburg jedoch zu einer ganz anderen Auffassung: Die Richter dort erkannten Datenschutzverstöße sehr wohl als Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht – konkret gegen den berühmten § 3a UWG – an. Ironie des Schicksals: Das Nachsehen hatte hier ausgerechnet eine Rechtsanwältin, deren Datenschutzerklärung auf der Website den Anforderungen der DSGVO nicht genügte. Nach den beiden konträren Entscheidungen aus Bochum und Würzburg war also zunächst nur klar, dass nichts klar ist.
Was sagt die nächsthöhere Instanz?
Mit Spannung wurde nun erwartet, wann das erste Oberlandesgericht als nächsthöhere Instanz in das Geschehen eingreifen würde. Dies geschah am 25. Oktober, als die Richter des Oberlandesgerichts Hamburg dem Landgericht Bochum widersprachen. Die Hamburger Richter urteilten, dass die DSGVO die Rechtsfolgen von DSGVO-Verstößen nicht abschließend regelt und Abmahnungen unter Verweis auf das Wettbewerbsrecht dementsprechend möglich sind. Derzeit ist also die Tendenz eher, dass die Abmahnfähigkeit bejaht wird.
Und was sagt die nächsthöhere Instanz?
Endgültige Klarheit wird bei diesem Thema wohl erst eine höchstrichterliche Rechtsprechung geben, auf die nicht nur Rechtsanwälte, sondern sicherlich auch viele Unternehmer mit Spannung warten. Wir halten Sie im EEP-Blog auf dem Laufenden und empfehlen angesichts der derzeitigen Rechtsunsicherheit, die Vorgaben der DSGVO möglichst penibel umzusetzen, um etwaigen Abmahnversuchen von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen. Wertvolle Tipps dazu haben wir hier für Sie zusammengestellt. Im Übrigen ist zu beachten, dass abseits von Abmahnungen auch die Aufsichtsbehörden aktiv werden können. Dies geschieht auch schon (wir berichteten bereits im EEP-Blog darüber).
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