Betriebsschließungsversicherung – Vorsicht bei Kulanzangeboten

Wenn Sie Ihren Betrieb aufgrund der hoheitlichen Allgemeinverfügung schließen bzw. einstellen mussten und eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen haben, ist Vorsicht geboten. Überprüfen Sie unbedingt Ihre Versicherungsunterlagen.

Unzählige Betriebe wollten sich durch die Betriebsschließungsversicherung gerade vor Schäden infolge von Infektionsgefahren absichern. In der Praxis zeigt sich allerdings derzeit, dass die Hoffnung auf schnelle Hilfe seitens vieler Versicherer bitter enttäuscht wird. Sie lehnen ihre Einstandspflicht regelmäßig ab und begründen dies damit, dass das neuartige Coronavirus nicht in den Versicherungsbedingungen aufgeführt sei und somit keinen Versicherungsfall auslösen würde. Einige Versicherer gehen dabei sogar soweit, dass sie eine behördliche Schließungsanordnung aufgrund eines im Betrieb aufgetretenen Erregers fordern. Die allgemeine Schließungsanordnung würde nicht von der Versicherung erfasst werden.

Stattdessen bieten sie im Rahmen des Ablehnungsschreibens aus vermeintlich reinen Kulanzgründen eine Entschädigung in Höhe von 15 % der hier angeblich nicht eingreifenden Tagesentschädigung für maximal 30 Tage an. Im Gegenzug zur Zahlung fordern sie den Verzicht des Versicherungsnehmers auf die Weiterverfolgung etwaiger Ansprüche.

Bevor Sie solche Verträge unterzeichnen, empfehlen wir eine Überprüfung Ihrer Versicherungsunterlagen. Dies kann sich häufig bezahlt machen.

Zunächst sind allgemeine Versicherungsbedingungen nach ständiger Rechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Vereinfacht gesagt, sind sie kundenfreundlich auszulegen. Unter Berücksichtigung dieses Verständnisses ist bei der Überprüfung Ihrer Versicherungsunterlagen insbesondere auf Folgende Punkte zu achten:

Erste Zweifel treten auf, da die Schließung zumindest in Schleswig-Holstein durch Verordnung der Landesregierung erfolgt ist. Die Landesverordnung stützt sich aber auf § 32 in Verbindung mit § 28 Abs. 1, § 31 IfSG und begründen zumindest  unmittelbar Rechte und Pflichten für die betroffenen Betriebe, ohne dass es einer weiteren Umsetzung durch eine Behörde – hier die Gesundheitsämter als zuständige Behörde – bedarf. Aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers dürfte es also keinen Unterschied machen, ob die Betriebsschließung durch Verordnung der Landesregierung, als Allgemeinverfügung oder durch eine individuelle Verfügung im Einzelfall erfolgt ist.

Außerdem lässt der Wortlaut der Versicherungsbedingungen häufig keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass eine von dem Betrieb oder seinen Beschäftigten selbst ausgehende Infektionsgefahr zur Betriebsschließung geführt haben muss.

Regelmäßig verweisen die Versicherungsbedingungen bei der Aufzählung der meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger auf die §§ 6 und 7 IfSG. Durch die Bezugnahme zum IfSG dürfte es daher zumindest fraglich sein, dass das Coronavirus davon nicht erfasst sein soll. Der Katalog der §§ 6 und 7 IfSG wurde in den letzten Jahren mehrfach erweitert wie auch reduziert. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Aufzählung in den Versicherungsbedingungen nicht immer auf den aktuellen Stand des IfSG ist. Vielmehr kann es sich je nach konkreter Formulierung durch die Bezugnahme auf das IfSG um eine dynamische Verweisung handeln.

Selbst wenn die Klausel dabei das Merkmal „namentlich“ aufführt, stellt sich die Frage, ob dies als abschließende Aufzählung auszulegen ist. Es entstammt den Vorschriften des IfSG und hat den Sinn, dass der Verordnungsgeber jederzeit kurzfristig weitere Meldepflichten begründen kann. Auch Versicherungsrechtlich bedeutet das Wort „namentlich“ nichts anderes als „im Besonderen“, „hauptsächlich“ oder „vor allem“.

Im Falle einer Ablehnung des Versicherungsschutzes raten wir daher zu einer rechtlichen Überprüfung Ihrer Versicherungsbedingungen.

Bei weiteren Fragen stehen wir gerne mit Rat und Tat zur Seite.

Bild: Ormalternative /shutterstock

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert