Es ist ein verzwickter Fall: Muss ein ehemaliger Mehrheitsgesellschafter, dessen Geschäftsanteile eingezogen wurden, der aber dagegen eine einstweilige Verfügung erwirkt hat, trotzdem zunächst auf der Gesellschafterliste bleiben und zu Gesellschafterversammlungen eingeladen werden? Das Kammergericht Berlin hatte zu entscheiden.
Das Kammergericht Berlin (KG Berlin) hat zur Legitimationswirkung der Gesellschafterliste gegenüber der Gesellschaft Stellung genommen. Im konkreten Fall war die Einziehung der Geschäftsanteile des Mehrheitsgesellschafters beschlossen worden. Entgegen einer einstweiligen Verfügung wurde dann eine neue Gesellschafterliste eingereicht, die den Mehrheitsgesellschafter nicht mehr als Gesellschafter auswies. Zu mehreren Gesellschafterversammlungen, die danach abgehalten wurden, wurde der Mehrheitsgesellschafter entsprechend auch nicht eingeladen.
Das Kammergericht Berlin, das sich mit dem Fall zu beschäftigen hatte, führte in seiner Begründung aus, dass die ohne den Mehrheitsgesellschafter gefassten Beschlüsse nichtig seien, da die Nichteinladung ein klarer Einberufungsmangel sei. Wer als Gesellschafter einzuladen ist, ergebe sich zwar grundsätzlich aus der im Handelsregister verwahrten Gesellschafterliste, denn es gelte nur derjenige gegenüber der Gesellschaft als Gesellschafter, der auch im Handelsregister eingetragen ist.
Vorliegend habe die Gesellschaft sich jedoch mit der Nichteinladung treuwidrig verhalten, da sie wusste, dass der Mehrheitsgesellschafter aufgrund der einstweiligen Verfügung in der Gesellschafterliste noch aufgeführt hätte sein müssen. Die Gesellschaft müsse so behandelt werden, als sei die später eingereichte Liste nie ins Handelsregister aufgenommen worden. Man könne sich nicht durch Berufung auf die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste über die im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangene rechtskräftige Entscheidung hinwegsetzen, so das Gericht weiter.
KG Berlin, Urteil vom 09.11.2017 – 23 U 67/15
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