Missbrauchsverfahren bei verspätetem Netzanschluss

Am 16. August 2012 haben wir an dieser Stelle von der möglichen Aussicht für Windparkbetreiber gesprochen, zumindest einen Teil ihrer Schäden durch verspäteten Anschluss an das Stromnetz von Netzbetreibern ersetzt verlangen zu können. Damals hatte die Windreich AG, Projektentwickler für den Offshore-Windpark „Deutsche Bucht“, als erster Windparkbetreiber ein Missbrauchsverfahren bei der Bundesnetzagentur eingeleitet. Grund dafür, war die lange Zeit unsichere Netzanbindung trotz Zusage durch die Bundesnetzagentur. Nach einer erfolgreichen Einigung mit Tennet über einen alternativen Netzanschluss ist das Verfahren zwar nur zwei Monate später eingestellt worden, das Unternehmen teilte aber mit, dass die Einleitung nötig gewesen sei, um die „festgefahrenen Gespräche mit Tennet“ in Schwung zu bringen.

Über das Verfahren

Mit dem Übergang vom verhandelten zum regulierten Netzzugang wurde durch das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) 2005 die Aufgabe der Überwachung dieser Regulierung an die Bundesnetzagentur bzw. die Landesregulierungsbehörden übergeben. Diese Wettbewerbsaufsicht hat die Aufgabe den Missbrauch der natürlichen Monopolstellung der Netzbetreiber zu verhindern und ggf. zu sanktionieren, um den Wettbewerb im Energiebereich zu fördern. Darüberhinaus wurde mit dem Gesetz noch ein weiteres Instrument gegen den Missbrauch von Monopolmacht geschaffen: das besondere Missbrauchsverfahren in § 31 EnWG.

Dieses ist auch für Windparkbetreiber interessant, da sie beim Anschluss ihrer Windparks unmittelbar vom Verhalten der Netzbetreiber betroffen sind.

Auf Antrag eines Windparkbetreibers, der z. B. nicht rechtzeitig vom Netzbetreiber ans Stromnetz angeschlossen wurde, leitet die zuständige Regulierungsbehörde ein Prüfungsverfahren gegen den Netzbetreiber ein. Dieses soll in der Regel innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des vollständigen Antrages – sofern die Frist nicht verlängert wird – die Rechtmäßigkeit des Verhaltens des Netzbetreibers überprüfen.

Stellt sich heraus, dass dieses Verhalten gegen Rechtsvorschriften verstößt, wird die Regulierungsbehörde den Netzbetreiber auffordern das Verhalten abzustellen bzw. bei Wiederholungsgefahr zu unterlassen. Darüberhinaus kann es ggf. auch Bußgelder verhängen und Gewinnabschöpfungsmaßnahmen veranlassen.

Gegen diese Entscheidung kann sich der Netzbetreiber nur mit dem Rechtsmittel der Beschwerde an das OLG Düsseldorf wenden.

Die Gebühren des Verfahrens können bis zu 180.000 € betragen. Hinzukommen gegebenenfalls Beweiserhebungskosten.

Aktueller Fall

Die Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur beschäftigt sich zurzeit mit dem zweiten Missbrauchsverfahren von Offshore-Windkraftbetreibern gegen den Netzbetreiber Tennet. Antragsteller sind diesmal die Borkum Riffgrund I Offshore Windpark A/S GmbH & Co. OHG und die DONG Energy Borkum Riffgrund II GmbH. Streitgegenstand ist die Anschlusspflicht des Netzbetreibers gem. § 17 Abs. 2a a.F. EnWG. Ob in diesem Verfahren eine Entscheidung ergeht oder es erneut zu einer vorzeitigen Einigung kommt, wird sich zeigen. Wichtig bleibt aber festzuhalten, dass man mit diesem Verfahren auch „Netzbetreiberriesen“ wie Tennet bewegen kann.