Insolvenzgründe: Sicher erkennen und rechtzeitig handeln

Bei sogenannter Insolvenzreife sind Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften (insbesondere GmbH und AG, aber auch GmbH & Co.KG, soweit die persönlich haftenden Gesellschafter [Komplementäre] keine natürlichen Personen, also Menschen sind) verpflichtet, beim zuständigen Insolvenzgericht (Amtsgericht des eingetragenen Sitzes oder Ort der tatsächlichen Geschäftstätigkeit) einen Insolvenzantrag zu stellen. Doch woran erkennt man die Insolvenzreife?

Für Kapitalgesellschaften gibt es gesetzlich geregelt zwei Insolvenzgründe: die Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung.

  1. Zahlungsunfähigkeit

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn das Unternehmen nicht in der Lage ist, 90 % seiner fälligen Verbindlichkeiten binnen eines Zeitraum von drei – vier Wochen zu begleichen.

Zunächst müssen also die fälligen Verbindlichkeiten ermittelt werden. Eine vertragliche Vereinbarung oder die Rechnungslegung reichen für die Fälligkeit aus. Der Gläubiger muss noch nicht gemahnt haben. Unberechtigte Nichtzahlungen führen nicht zum Wegfall der Fälligkeit. Nur ausdrücklich vom Gläubiger gestundete Verbindlichkeiten bleiben bei der Ermittlung außer Betracht.

Der Summe der fälligen Verbindlichkeiten sind die liquiden Mittel gegenüber zu stellen. Hierzu gehören Kassenbestände, Bankguthaben (auch nicht ausgeschöpfte Teile einer Kreditlinie). Hinzuzurechnen sind auch die Zahlungen, mit denen innerhalb des Zeitraums von drei – vier Wochen zu rechnen ist.

Ergibt diese Gegenüberstellung, dass 90 % der fälligen Verbindlichkeiten nicht innerhalb des Zeitraums von drei – vier Wochen beglichen werden können, ist das Unternehmen zahlungsunfähig,

  1. Überschuldung

Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten (hierzu gehören alle Verbindlichkeiten, nicht nur die fälligen) nicht mehr deckt (§ 19 Abs.2 InsO). Warnhinweis ist hier eine bilanzielle Überschuldung, d.h. der Ausweis des negativen Eigenkapitals auf der Aktivseite der Handelsbilanz.

Die insolvenzrechtliche Überschuldung wird mit Hilfe einer sog. Überschuldungsbilanz aufgestellt. Hierbei sind die tatsächlichen Werte der Aktiv- und Passivposten anzusetzen, d.h. etwaige stille Reserven (versteckte Werte) werden auf der Aktivseite berücksichtigt.

Unterschieden wird zwischen einer Fortführungsbilanz und einer Liquidationsbilanz.

Fortführungsbilanz

Wenn es überwiegend wahrscheinlich ist, dass das Unternehmen in den nächsten zwei Jahren zahlungsfähig bleibt (positive Fortführungsprognose), sind bei der Bewertung der Aktiva und Passiva die Fortführungswerte anzusetzen. Aber Achtung: diese positive Fortführungsprognose muss dokumentiert werden (Finanz- und Ergebnisplan zzgl. Planbilanz).

Sofern die Passiva nach der Fortführungsbilanz die Aktiva nicht übersteigen, besteht keine Überschuldung. Übersteigen die Passiva selbst bei Fortführungswerten die Aktiva, liegt trotz positiver Fortführungsprognose eine Überschuldung vor.

Liquidationsbilanz

Sofern die Finanzplanung ergibt, dass das Unternehmen nicht binnen der nächsten zwei Jahre zahlungsfähig bleibt, ist die Fortführungsprognose negativ. In diesem Fall sind in der Überschuldungsbilanz nicht die Fortführungswerte, sondern die Liquidationswerte aufzunehmen. Übersteigen die Aktiva nach Liquidationswerten die Passiva, liegt keine Überschuldung vor.

Bild: s-ts / shutterstock

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