Ein Unternehmen gerät in finanzielle Schieflage und zwei Angestellte helfen mit einer Bürgschaft aus, um ihre Arbeitsplätze zu retten. Als später trotzdem das Insolvenzverfahren eröffnet wird, werden die beiden voll in Anspruch genommen und argumentieren nun, die Bürgschaft sei sittenwidrig gewesen. Was jetzt? Der BGH fällte in dem Fall kürzlich ein interessantes Urteil, das Unternehmer kennen sollten.
Dass Angestellte ihrem Unternehmen eine Bürgschaft ohne Gegenleistung geben, erscheint zunächst ungewöhnlich. Geht es um die Rettung des eigenen Jobs, kann es aber durchaus vorkommen, dass sich Mitarbeiter zu so einem Schritt durchringen. Problematisch wird es, wenn tatsächlich der Insolvenzfall eintritt und der oder die Angestellten in Anspruch genommen werden. In einem solchen Fall musste jüngst der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden.
Sittenwidriger Vertrag oder nicht?
Konkret ging es um ein Unternehmen, das sich an einem größeren Bauvorhaben derartig überhoben hatte, dass es in eine ernste finanzielle Schieflage geraten war. Nur ein neues Darlehen über eine sechsstellige Summe konnte noch Rettung bringen, der Darlehensgeber forderte jedoch ein, dass jemand für das Unternehmen bürgen müsse. Deshalb bat der Geschäftsführer zwei seiner Angestellten darum, jeweils eine Bürgschaft zu übernehmen. Es kam, wie es kommen musste: Das Unternehmen wurde zahlungsunfähig, auch nach einer Verlängerung konnte das Darlehen nicht zurückgezahlt werden. Da die Bürgschaften der beiden Mitarbeiter laut Vertrag unwiderruflich, unbedingt, unbefristet und zudem auch noch selbstschuldnerisch waren, wurden die beiden voll in Anspruch genommen. Nun zogen sie sich jedoch auf den Standpunkt zurück, dass die Bürgschaften sittenwidrig seien, nicht zuletzt weil sie ohne Gegenleistung geschlossen wurden. Damit bekamen die beiden auch zunächst Recht.
BGH: Bürgschaften ohne Gegenleistung zulässig, aber …
Der Bundesgerichtshof sah die Sache jedoch anders. Die Richter erkannten auch entsprechende Bürgschaften ohne eine Gegenleistung als zulässig an. Jedoch schränkten sie ein, dass die Angestellten nicht krass finanziell überfordert werden dürfen. Der Argumentation des Berufungsgerichts, dass die Bürgschaften schon deswegen unzulässig seien, weil sie die Angestellten mittelbar am Marktrisiko des Unternehmens beteiligten, folgten die BGH-Richter nicht. Zwar argumentiert das Bundesarbeitsgericht regelmäßig, dass arbeitsvertragliche Regeln sittenwidrig seien, die dem Arbeitnehmer das Betriebs- oder Wirtschaftsrisiko des Unternehmens aufbürden. Allerdings seien Arbeits- und Bürgschaftsverträge in diesem Zusammenhang zwei völlig unterschiedliche Dinge, die man getrennt voneinander betrachten müsse.
BGH-Urteil vom 11.09.2018, Az.: XI ZR 380/16
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