FAQ Corona – Mietrecht (Update)

Bereits im Zuge des Ersten Lockdowns hat sich Dr. Alena Arnst, Rechtsanwältin bei EEP, mit dem Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie auseinandergesetzt und die häufig gestellten Fragen von Vermietern und Mietern zu diesen Sonderregelungen beantwortet (siehe hier). Anknüpfend an diesen Beitrag gibt Frau Dr. Arnst unter Betrachtung der zwischenzeitlich ergangenen Beschlüsse von Bund und Ländern und der bisher veröffentlichten Rechtsprechung ein Update zu diesen Fragen.

Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie sieht Corona-Sonderregelungen für Wohnraum und Gewerbemietverhältnisse vor. Gelten diese Sonderregelungen nun auch für den Zweiten Lockdown?

Der Geltungsbereich erstreckt sich auf Wohn- und Gewerberaummietverträge sowie auch auf Pachtverträge. Mietschulden, die auf die Pandemie zurückzuführen sind, berechtigen weder Vermieter noch Verpächter zu einer Kündigung. Das gilt aber nur für rückständige Zahlungen, die in dem Zeitraum 01.04.2020 bis 30.06.2020 fällig gewesen sind. Für den Zweiten Lockdown hilft das Gesetz also nicht weiter. Nach Angaben der Bundesregierung wurden die Regelungen nicht verlängert, weil sich während des Ersten Lockdowns gezeigt habe, dass sich Mieter und Vermieter in sehr vielen Fällen auf privater Basis einigen konnten.

Was ist, wenn sich Mieter und Vermieter im Zweiten Lockdown nicht einigen können? Können gewerbliche Mieter dann ihre Miete wegen eines Mietmangels kürzen oder sogar vollständig einbehalten?

Das sehen die deutschen Gerichte zurzeit noch unterschiedlich. Die Rechtslage ist hier leider noch unklar.

Ein Mangel setzt voraus, dass der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Der vertraglich geschuldete Zustand bestimmt sich dabei in erster Linie nach den Beschaffenheitsvereinbarungen der Mietvertragsparteien. Weicht der Zustand hiervon ab, liegt ein Mietmangel vor.

Wenn – wie in aller Regel – die Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand unter Berücksichtigung des vereinbarten Nutzungszwecks und des Grundsatzes von Treu und Glauben nach der Verkehrsanschauung bestimmt.

Dabei können auch öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen (wie behördliche Anordnungen) die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch (z.B. Betrieb eines Verkaufsgeschäfts oder Restaurants) mindern und folglich einen Mangel darstellen. Voraussetzung für einen zur Minderung berechtigenden Mangel ist aber, dass die Beschränkungen auf Grund der Beschaffenheit oder Lage des Mietobjekts ergehen (z.B. behördliche Nutzungsuntersagung wegen Einsturzgefahr des Mietobjekts).

Die Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie dienen dem Schutz der Bevölkerung vor der Ausbreitung des Corona-Virus. Anknüpfungspunkt für die Zwangsschließungen, die wir gerade erleben, ist daher in der Regel nicht das Mietobjekt selbst, sondern die konkrete Nutzungsart durch den Mieter, die bei Verkaufsgeschäften und Restaurants notwendigerweise mit Publikumsverkehr einhergeht. Dieses so genannte Betriebsrisiko sehen viele Gerichte derzeit in der Sphäre des Mieters.

Anders könnte der Fall aber z.B. beurteilt werden, wenn im Mietvertrag ein bestimmter Mietzweck festgeschrieben ist, der durch die Zwangsschließung nicht mehr erfüllt werden kann, wie beispielsweise die Überlassung zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts. Außerdem könnten Gerichte zu abweichenden Ergebnissen kommen, wenn Mieter und Vermieter eine Umsatzmiete vereinbart haben, der Vermieter also das o.g. Betriebs- und Umsatzrisiko des Mieters freiwillig ganz oder teilweise mit übernimmt.

Was kann der Mieter sonst tun?

Der Gesetzgeber hat nun den Artikel 240 § 7 EGBGB eingeführt, der seit dem 31.12.2020 gilt. Danach wird für vermietete Grundstücke und Gebäude, die in Folge von staatlichen Covid-19-Maßnahmen für den Betrieb nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Einschränkungen verwendbar sind, gesetzlich vermutet, dass sich mit der Nutzungsbeschränkung die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages schwerwiegend verändert hat. Diese gesetzliche Vermutung öffnet für gewerbliche Mieter das Tor zu einem Anspruch gegen ihren Vermieter auf Anpassung des Vertrages nach § 313 BGB (Änderung der Geschäftsgrundlage).

Allerdings muss der Mieter weiterhin beweisen, dass …

  • die staatlichen Anordnungen bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar waren,
  • die Mietvertragsparteien den Vertrag in diesem Fall nicht oder nur mit anderem Inhalt geschlossen hätten, und
  • ein Festhalten am unveränderten Mietvertrag für den Mieter nicht zumutbar ist.

Gerade die letzten beiden Voraussetzungen dürften je nach Einzelfall nur schwer zu beweisen sein und wären daher auch weiterhin von einer Interessenabwägung des Gerichts abhängig.

Im Rahmen der Interessenabwägung sind von der Rechtsprechung bisher u.a. folgende Gesichtspunkte berücksichtigt worden:

  • die konkrete wirtschaftliche Situation des Mieters (existenzielle Not),
  • der Umfang der erlittenen Umsatzeinbußen des Mieters,
  • die Möglichkeit für den Mieter, auf alternative Absatzwege wie z.B. Online-Handel oder Außer-Haus-Lieferservice umzustellen,
  • die Höhe der dem Mieter bereits gewährten staatlichen Hilfen.

Mögliche Rechtsfolgen einer Anpassung können sein:

  • Stundung der Miete,
  • Anpassung der Miethöhe für die Zeit der Zwangsschließung,
  • Mietverzicht für die Zeit der Zwangsschließung,
  • Aufhebung des Mietvertrags.

 Besteht auf Grund der Corona-Krise auch ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses?

Ganz ausnahmsweise kann eine Beendigung des Mietverhältnisses auf § 313 Abs. 3 BGB gestützt werden. Dafür muss aber ein besonders schwerwiegender Fall vorliegen, z.B. wenn selbst eine Anpassung des Mietverhältnisses unzumutbar ist. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine hierauf gestützte Kündigung stellt, sind aber derart hoch, dass hier nicht ohne anwaltliche Beratung vorgegangen werden sollte.

 

Bildquelle: Ormalternative/shutterstock.com

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