Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat eine wichtige Entscheidung zur Berechnung von Arbeitslosengeld gefällt. Sie hat in der Praxis große Auswirkungen auf die finanzielle Situation von Arbeitnehmern nach einer Kündigung oder einem Aufhebungsvertrag.
Nach einer Kündigung oder einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag kommt es sehr häufig zum Bezug von Arbeitslosengeld, wenn die betroffenen Arbeitnehmer im Anschluss an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht sofort eine neue Beschäftigung finden.
Die Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich grundsätzlich nach dem durchschnittlichen Verdienst der letzten Monate vor dem Bezug des Arbeitslosengelds. Häufig sind dies die Monate der Kündigungsfrist, die bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingehalten werden muss. Sofern während dieser Monate der Kündigungsfrist eine Freistellung von der Arbeitsleistung unter Lohnfortzahlung geschieht, was häufig der Fall ist, wenn der Arbeitgeber die betroffenen Arbeitnehmer vom Arbeitsplatz fernhalten möchte, war es zuletzt zu erheblichen wirtschaftlichen Problemen für Arbeitnehmer gekommen.
Höhe des ALG I: Wird die Lohnfortzahlung auch bei Freistellung einbezogen?
Die Bundesagentur für Arbeit hat gemäß einer Durchführungsanweisung den für die Berechnung des Arbeitslosengeldes zuständigen Arbeitsämtern vorgegeben, für diese Monate der Freistellung den fortgezahlten Lohn nicht in die Berechnung des zuletzt erhaltenen Durchschnittslohnes einzubeziehen, sondern mit null anzusetzen. Dadurch kam es zu deutlich verringerten Arbeitslosengeldansprüchen. Diese Vorgehensweise war Gegenstand eines sozialgerichtlichen Verfahrens vor dem Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen.
Das LSG hat hierzu nun entschieden, dass auch das während einer Freistellung tatsächlich gezahlte Arbeitsentgelt in die Berechnung des Arbeitslosengeldes einzubeziehen sei, da es entscheidend darauf ankomme, dass es eine tatsächliche Weiterzahlung von Arbeitsentgelt gegeben habe, auch wenn eine einvernehmliche und unwiderrufliche Freistellung von der Arbeitspflicht stattgefunden hat.
Nun ist wohl das Bundessozialgericht gefragt
Es bleibt jedoch abzuwarten, ob sich das LSG NRW mit seiner arbeitnehmerfreundlichen Rechtsmeinung durchsetzen kann, da in der landessozialgerichtlichen Rechtsprechung auch andere Auffassungen vertreten werden. So bezieht das LSG München in einer Freistellung gezahlte Lohnbeträge nicht in den Bemessungszeitraum ein, da es für diesen nur auf Zeiten tatsächlicher Beschäftigung ankomme und eine solche während der Freistellung gerade nicht geschehe. Endgültige Rechtsklarheit kann hier nur eine Entscheidung des übergeordneten Bundessozialgerichtes bringen.
Für Arbeitnehmer stellt sich sowohl in einer wie hier vorliegenden konkreten Konstellation als auch ganz allgemein die Notwendigkeit, bei einer Kündigung oder einer beabsichtigten einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag die sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen, speziell die Auswirkungen auf den Arbeitslosengeldanspruch, zu beachten und rechtlich prüfen zu lassen.
LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.02.2017 – L 9 AL 150/15
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