Tax Compliance: Was soll das? (Teil II)

Tax Compliance, dieser Begriff ist spätestens seit dem BMF-Schreiben aus dem Jahr 2016 in aller Munde. Damals hatte die Finanzverwaltung einen Anwendungserlass zu § 153 AO erlassen, der für viel Unruhe bei Mandanten und auch bei uns Beratern sorgte.

In unserem Magazin „EEP-Journal“, Ausgabe 2/2017, haben wir bereits die Frage geklärt, was Tax Compliance eigentlich soll und möchten das Thema in dieser Ausgabe wieder aufgreifen und weiter vertiefen.

Tax Compliance: Was steckt eigentlich dahinter?

§ 153 AO regelt die Anzeige- und Berichtigungspflicht von Steuerpflichtigen, gesetzlichen Vertretern, Gesamtrechtsnachfolgern und anderen. Wenn der Steuerpflichtige erkennt, dass eine von oder für ihn abgegebene Erklärung objektiv unrichtig oder unvollständig ist und es dadurch zu einer Steuerverkürzung gekommen ist oder kommen kann, so besteht eine entsprechende Anzeige- und Berichtigungspflicht.

Soweit der Steuerpflichtige dieser Anzeige- und Berichtigungspflicht nicht nachkommt, befinden wir uns streng genommen im strafrechtlichen Bereich der Steuerhinterziehung.

Doch nicht nur die vorsätzliche Steuerhinterziehung sondern auch die leichtfertige Verkürzung kann ein Problem darstellen. Wird in einer Betriebsprüfung, Lohnsteueraußenprüfung oder Umsatzsteuersonderprüfung etwas gefunden und handelt es sich etwa um nicht berücksichtigte Feststellungen aus einer Vor-BP oder andere wiederkehrende Fehler, so wird im schlimmsten Fall ein Verfahren eingeleitet.

Das besagte BMF-Schreiben enthält nun eine Formulierung, die besagt, dass wenn der Steuerpflichtige ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet hat, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, dies ggf. ein Indiz darstellen kann, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann. Somit gibt es hier eine „Aus-dem-Gefängnis-frei-Karte“, wenn der Steuerpflichtige mit Strukturen, Anweisungen und Prozessen eine Organisation geschaffen hat, die steuerliche Fehler vermeiden und verhindern bzw. aufdecken kann.

Doch welche Anforderungen werden an eine solche Organisation gestellt und wie kann ein solches Tax-Compliance-System in einem Unternehmen eingeführt oder dokumentiert werden? Und wer braucht Tax Compliance überhaupt?

Quick- Check: Braucht mein Unternehmen Tax Compliance?

 Jedes Unternehmen hat Strukturen und Prozesse und somit auch ein internes Kontrollsystem, das auch Steuerfunktionen mit abdeckt. Doch genügt dieses oder müssen Anpassungen bzw. Veränderungen vorgenommen werden um die Anforderungen zu erfüllen? Soweit die nachfolgenden Fragen teilweise mit ja beantwortet werden können, so sollten wenigsten Teilprozesse überarbeitet werden, um zukünftig Ärger mit dem Finanzamt zu vermeiden.

  • Gab es Feststellungen der Betriebsprüfung im Rahmen von Umsatzsteuersonderprüfungen, Lohnsteuerprüfungen oder einer regulären Betriebsprüfung die Wirkung für die Zukunft bzw. Gegenwart haben und noch nicht umgesetzt wurden?
  • Ergibt sich aus der Umsatzsteuerverprobung im Rahmen der Jahresabschlusserstellung regelmäßig eine Abweichung
  • Werden Umsatzsteuervoranmeldungen häufig korrigiert?
  • Kommt es vor, dass sich der Vertrieb und das Rechnungswesen bezüglich der steuerlichen Beurteilung von Verträgen nicht abstimmen?
  • Werden im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung auch die Sachzuwendungen je Mitarbeiter nicht aufgezeichnet, die unter die 44-Euro-Grenze fallen?
  • Fehlt es an klaren und schriftlich festgehaltenen Regelungen für Urlaubs- und Krankheitsvertretungen bezüglich wichtiger Steuerfunktionen?

Tax Compliance richtig umsetzen: Eine Anleitung in vier Schritten

Die nachfolgenden Schritte stellen dar, wie Sie sich die Umsetzung von Tax Compliance vorstellen können.

Vorarbeit:

Zunächst ist zu besprechen, welche Rolle die Steuern in Ihrem Unternehmen spielen sollen. Wollen Sie steueroptimiert arbeiten, sich aus Pragmatismus und Zeitgründen an die Auffassung der Finanzverwaltung halten oder immer „hart am Wind“ segeln und möglichst alles ausnutzen, was noch legal und möglich ist?

Ebenso ist zu besprechen, welche Strukturen es bereits gibt und wie die Buchhaltung bzw. das Rechnungswesen und die Steuerfunktionen aufgebaut sind. Auch Besonderheiten Ihres Unternehmens und der Tätigkeit selbst kommen hier zur Sprache.

Schritt 1: Risikobeurteilung und Aufnahme der IST-Prozesse

Im ersten Schritt muss ermittelt werden, wo sich möglicherweise Verbesserungen in den Strukturen und Prozessen des Unternehmens finden lassen. Hierzu besprechen wir die relevanten und risikoanfälligen Prozesse, werten Betriebsprüfungsberichte aus und stimmen mit Ihnen und Ihren Mitarbeitern bekannte und möglicherweise noch nicht bekannte Risikofelder ab. Im Anschluss hieran besprechen wir die aus unserer Sicht notwendigen Anpassungen und die Risiken die sich aus dieser ersten Phase ergeben haben.

Beispiel: Es wird Vorsteuer gezogen obwohl die Rechnung nicht den Angaben der §§ 14, 14a UStG entspricht.

Schritt 2: Wie kann das Risiko eliminiert werden?

Zusammen mit Ihnen erarbeiten wir eine pragmatische und umsetzbare Lösung, um das Risiko zukünftig zu beheben und eine für Sie vertretbare Umstellung zu finden, die den steuerlichen Anforderungen entspricht und Sie in ihrer alltäglichen Arbeit nicht bzw. möglichst wenig einschränkt.

Schritt 3: Behebung der Risiken und Implementierung von Routinen

Um die in Schritt 1 gefundenen Risiken zukünftig zu eliminieren, werden die betroffenen Prozesse angepasst bzw. Prozesse implementiert. Dies wird schriftlich dokumentiert.

Beispiel: Für die Prüfung von Eingangsrechnungen gibt es nun eine kurze Checkliste bezüglich der rechnerischen und inhaltlichen Richtigkeit sowie der notwendigen Angaben nach § 14, 14a UStG. Eine Kontrolle (Vier-Augen-Prinzip) erfolgt durch die Mitarbeiterin des Rechnungswesens, die die Zahlung vornimmt.

Schritt 4: Anpassung und Prüfung

Nach einer ersten Umsetzungsphase ist es sinnvoll zu besprechen, ob die angepassten Prozesse auch in der täglichen Arbeit funktionieren oder ob es Anpassungsbedarf gibt. Vielleicht gibt es weitere Verbesserungsideen der Mitarbeiter und neue Prozesse die im vorhanden Tax Compliance schriftlich ergänzt werden sollten. Regelmäßige Überprüfungen und Updates sind wichtig und auch die Schulung aller hiervon betroffenen Mitarbeiter ist notwendig.

Beispiel: Nach der Einführung und den ersten fünf Monaten wird die Prüfung von Eingangsrechnungen dergestalt angepasst, dass die Eingangsrechnungen digitalisiert werden und dann elektronisch geprüft werden. Der Prozess wird entsprechend ergänzt und die nun elektronisch durchgeführten Kontroll- und Freigabeprozesse dokumentiert.

 

Tax Compliance ist nicht nur etwas, das die Finanzverwaltung fordert, sondern bedeutet vielmehr, dass in Ihrem Unternehmen strukturiert und planvoll gearbeitet wird und es Prozesse gibt, die Fehler vermeiden und aufdecken können. Wenn Sie unsere Unterstützung bei der Frage benötigen, ob Ihr Unternehmen ein funktionierendes internes Kontrollsystem hat, stehen wir Ihnen zur Verfügung.

 

Bildquelle: Andrey_Popov – shutterstock.com

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