Reuerecht des Arbeitgebers bei der Zeugniserteilung?

Das Arbeitszeugnis ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. In einem kürzlich in Schleswig-Holstein verhandelten Fall ging es um die Frage, ob der Arbeitnehmer zur Rückgabe eines Arbeitszeugnisses verpflichtet ist, wenn es vom Arbeitgeber widerrufen wurde. Das Beispiel zeigt auch, dass Arbeitgeber ein Risiko eingehen, wenn sie ein Zeugnis nicht widerrufen, obwohl die Voraussetzungen dafür gegeben sind.

Vor kurzem behandelte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein einen Herausgabeanspruch des Arbeitgebers hinsichtlich eines erteilten Arbeitszeugnisses und bejahte diesen Anspruch auf Rückgabe des Zeugnisses. Der Arbeitnehmer sei zur Rückgabe eines bereits erteilten Zeugnisses verpflichtet, wenn der Arbeitgeber das Zeugnis wirksam widerrufen habe.

In dem entschiedenen Fall hatte der Arbeitnehmer, der für eine Gemeinde tätig war, in Abwesenheit der Bürgermeisterin vom stellvertretenden Bürgermeister, ohne sich wie sonst üblich an den Leiter des zuständigen Fachdienstes gewandt zu haben, ein von ihm [dem Arbeitnehmer] selbst erstelltes Zeugnis mit der Note „sehr gut“ erhalten.

Zwei Widerrufsgründe möglich

Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben sind nach Auffassung des Gerichtes zwei Widerrufsgründe denkbar: zum einen das nachträgliche Bekanntwerden von schwerwiegenden, wesentlichen Umständen und zum anderen die Zeugniserlangung auf unredliche, gegen Treu und Glauben verstoßende Weise. Letzteres sei hier anzunehmen, weil der Arbeitnehmer zielgerichtet den beim Arbeitgeber vorgesehenen Verwaltungsweg umgangen habe, um eine bessere Beurteilung seiner Arbeitsleistung zu erhalten.

Risiko für den Arbeitgeber, wenn er nicht handelt

Im Übrigen besteht die Gefahr, dass ein Arbeitgeber, der ein Arbeitszeugnis nicht widerruft, obwohl die Voraussetzung für einen Widerruf gegeben sind, sich Dritten gegenüber, die auf das Arbeitszeugnis vertraut haben, schadensersatzpflichtig machen kann. Diese Konstellation wird wohl immer dann eintreten, wenn nachträglich schwerwiegende wesentliche Umstände, z.B. Unterschlagungen des Mitarbeiters, bekannt werden.

LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.10.2017 – 1 Sa 228/17 –

 

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