Müssen Bereitschaftszeiten, wie sie beispielsweise bei Rettungsassistenten üblich sind, voll mit dem Mindestlohn vergütet werden? Oder kann bei Bereitschaftsdienst der Lohn pro Stunde geringer sein, wenn dafür im Monatsdurchschnitt aus Vollarbeits- und Bereitschaftszeiten der Mindestlohn pro Stunde erreicht wird? Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts schafft Klarheit.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass die Erbringung von Bereitschaftszeiten grundsätzlich eine mit dem Mindestlohn zu vergütende Arbeitsleistung ist. Entscheidend ist allerdings, wie aus einem aktuellen Urteil hervorgeht, der Monatsdurchschnitt aus Vollarbeits- und Bereitschaftszeiten.
Der Kläger ist als Rettungsassistent tätig und leistete vielfach Bereitschaftszeiten ab. Bereitschaftszeiten sind Zeiten, zu denen sich ein Arbeitnehmer an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhält, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Der Mitarbeiter hatte geltend gemacht, er erhalte in Zeiten des Bereitschaftsdienstes eine Stundenvergütung unterhalb von 8,50 Euro, und verlangte die Zahlung der Differenz.
Wie die Vorinstanzen hat nunmehr auch das BAG den Anspruch abgelehnt und die Revision in einem Urteil vom 29.06.2016 zurückgewiesen (Pressemitteilung des BAG Nr. 33/16 vom 29.06.2016).
Zur Begründung führte das Gericht aus: Würden in einem Monat sowohl Vollarbeit als auch Bereitschaftsdienste erbracht, müsse im Monatsdurchschnitt der Mindestlohn pro Stunde erreicht werden. Unerheblich sei dabei, welche konkrete Vergütungsregelung für den Bereitschaftsdienst bestehe.
Widerspruch zu gängiger Gewerkschaftsmeinung
Errechnet sich im Ergebnis unter Berücksichtigung der Bereitschaftszeiten ein Stundenlohn von mindestens 8,50 Euro, sei auch der Mindestlohnanspruch erfüllt. Das Gericht widerspricht damit Stimmen aus dem gewerkschaftsnahen Lager, welches sich nach Inkrafttreten des Gesetzes für eine isolierte Betrachtung jeder einzelnen Arbeitsstunde dahingehend ausgesprochen hat, ob in dieser der Mindestlohn gezahlt werde. Besteht indes ein Vergütungssystem mit einem Grundlohn in der Nähe des Mindestlohnbetrages von derzeit 8,50 Euro und werden – wie bislang vielfach üblich – Bereitschaftszeiten unterhalb des Grundlohnniveaus vergütet, liegt ein Verstoß gegen das Mindestlohngesetz nahe.
Auf die per 01.01.2017 anstehende Erhöhung des Mindestlohns möchten wir bei dieser Gelegenheit nochmals hinweisen.
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