Geplante Verschärfung im Bereich der Grunderwerbsteuer

 Die von der Bundesregierung geplante Verschärfung bei der Grunderwerbsteuer wird auch die mittelständische Wirtschaft treffen. Bei künftigen Umstrukturierungen und auch im Zuge von geplanten Unternehmensnachfolgen sollte dies vorausschauend berücksichtigt werden. 

Gerüchten zufolge soll die Dankesrede eines ausländischen Großinvestors anlässlich der Einweihung eines Immobilienprojekts in Frankfurt am Main der Auslöser für die geplante Verschärfung des Grunderwerbsteuergesetzes gewesen sein. In der Dankesrede soll sich der Investor bei dem anwesenden damaligen hessischen Finanzminister dafür bedankt haben, dass derartige Großprojekte in Deutschland ohne Anfall von Grunderwerbsteuer realisiert werden können. Der Finanzminister soll außer sich gewesen sein und am nächsten Tag seine Referatsleiter beauftragt haben, dieses vermeintliche Steuerschlupfloch zu schließen. Worum geht es?

Anders als die Einleitung es vermuten lässt, geht es nicht nur um Großinvestitionen. Zwar sieht die Gesetzesbegründung vor, missbräuchliche Steuergestaltungen im Bereich hochpreisiger Immobilientransaktionen durch sog. Share Deals einzudämmen; allerdings knüpfen die vorliegenden Verschärfungen weder an eine bestimmte Transaktionshöhe noch an einen bestimmten Missbrauch an. Ebenfalls sind die Regelungen nicht auf reine Immobiliengesellschaften beschränkt, sondern betreffen jede Gesellschaft, die eigenen Grundbesitz hat. Daher wird die Verschärfung vermutlich auch für eine Vielzahl von mittelständischen Unternehmen relevant sein. Vor dem Hintergrund hoher Immobilienwerte und der Tatsache, dass in einigen Bundesländern die Steuersätze in den letzten Jahren fast verdoppelt wurden, erlangt die Grunderwerbsteuer eine immer größer werdende Bedeutung.

Bei den im Fokus des Gesetzgebers stehenden Share Deals wird  bei einer Immobilientransaktion nicht das Grundstück direkt erworben, sondern stattdessen unmittelbar oder mittelbar Anteile an einer grundbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft. Für derartige Fälle sieht das Gesetz bereits jetzt Ergänzungstatbestände vor, bei denen unter bestimmten Voraussetzungen (Nichteinhaltung von Mindestquoten von 95% und Haltefristen von 5 Jahren) ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang ausgelöst wird. Im Kern sollen die relevanten Beteiligungsschwellen für Share Deals von 95% auf 90% gesenkt und Haltefristen von 5 auf 10 bzw. 15 Jahre verlängert und ein neuer Ergänzungstatbestand für Gesellschafterwechsel bei Kapitalgesellschaften geschaffen werden.

Der bisher vorgesehene Ergänzungstatbestand für Gesellschafterwechsel bei Kapitalgesellschaften sieht die Einführung einer vergleichbaren Regelung vor, wie sie bereits für Personengesellschaften existiert. Unter Berücksichtigung der neuen Beteiligungsschwellen und Haltefristen soll die Übertragung von mehr als 89,9% der Anteile an Kapitalgesellschaften innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren auf neue Gesellschafter der Grunderwerbsteuer unterworfen werden. Eine Ausnahme für börsennotierte Kapitalgesellschaften ist im Gesetzesentwurf bisher nicht vorgesehen.

Durch die gesetzlichen Neuregelungen dürften die ohnehin schon schwierigen Unternehmensnachfolgen durch zusätzliche Steuerbelastungen weiter erschwert werden.

Ist es beispielsweise für den Erwerber einer mittelständischen grundbesitzenden Kapitalgesellschaft möglich einen strategischen Kapitalgeber als Mitgesellschafter mit aufzunehmen, wird dies durch den neu zu schaffenden Ergänzungstatbestand innerhalb von 10 Jahren nach Erwerb der Anteile ohne Anfall von Grunderwerbsteuer nicht mehr möglich sein.

Die stufenweise Übertragung eines Unternehmens wird in vielen Fällen mit einer höheren Grunderwerbsteuer belastet werden als bisher. Nach aktuellem Recht kann beispielsweise ein Altgesellschafter im ersten Schritt 50% seiner Anteile an seiner Personengesellschaft auf seinen Nachfolger übertragen und nach Ablauf von 5 Jahren die restlichen 50% der Anteile. In diesem Fall unterliegt der Vorgang aufgrund der Vereinigung von mind. 95% der Anteile in der Hand des Nachfolgers der Grunderwerbsteuer. Da der Nachfolger jedoch bereits seit 5 Jahren an der Gesellschaft beteiligt ist, wird die Grunderwerbsteuer zur Hälfte nicht erhoben. Nach der geplanten Gesetzesverschärfung wäre für eine derartige Übertragung eine Wartezeit von 15 Jahren erforderlich, um lediglich die hälftige Grunderwerbsteuer zahlen zu müssen. Bei vollständiger Übertragung innerhalb von 15 Jahren fällt Grunderwerbsteuer in volle Höhe an.

Nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf sollen die neuen Regelungen erstmalig auf Erwerbsvorgänge nach dem 31.12.2019 anzuwenden sein. Allerdings sind zahlreiche Übergangsregelungen zu beachten. Zudem können sich bei den Gesetzesverschärfungen auch Anteilsübertragungen der Vergangenheit auswirken, und in bestimmten Konstellationen ist das alte Recht weiter anwendbar.

Schließlich soll die betragsmäßige Begrenzung des automatischen Verspätungszuschlags für nicht fristgerecht eingereichte Steuererklärungen bzw. Anzeigen in Höhe von derzeit EUR 25.000 für Zwecke der Grunderwerbsteuer aufgehoben werden.

Am 24.10.21019 haben sich die Koalitionsfraktionen darauf geeinigt, dass das Gesetzgebungsverfahren nicht bereits in diesem Jahr, sondern im ersten Halbjahr 2020 zum Abschluss gebracht werden soll. Es ist davon auszugehen, dass der bisher vorgesehene Termin für das Inkrafttreten der Verschärfung sich entsprechend nach hinten verschieben wird. Dennoch sollten die geplanten Gesetzesverschärfungen bei zukünftigen Umstrukturierungen bereits vorausschauend berücksichtigt werden. Bestehende Strukturen sollten im Hinblick auf die bevorstehenden Änderungen einer Überprüfung unterzogen werden.

Bild: Photobank gallery/shutterstock

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