Über viele Jahre wurde das Insolvenzanfechtungsrecht gerade aus Sicht der Wirtschaft als zu insolvenzverwalterfreundlich angesehen. Insbesondere im Bereich der sogenannten Vorsatzanfechtung nach § 133 der Insolvenzordnung (InsO) wurden vielfach geringe Beweisanzeichen, die auf eine Zahlungsschwäche des Schuldners hindeuteten, bereits als anspruchsbegründend angesehen.
Der Gesetzgeber hat hierauf mit einer Gesetzesreform im Jahre 2017 das Anfechtungsrecht neu strukturiert. Hierauf aufbauend sind gerade in jüngerer Zeit mehrere Urteile gefällt worden, die neue Leitlinien für die Vorsatzanfechtung vorgeben.
133 Absatz 1 InsO unterwirft solche Rechtshandlungen einer Insolvenzanfechtung, die der Schuldner mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zum Zeitpunkt der Rechtshandlung den Vorsatz zumindest kannte.
Nach § 133 Absatz 1 Satz 2 InsO wird die Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes dabei vermutet, wenn der Anfechtungsgegner Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit und von der Gläubigerbenachteiligung hat. Hierzu hat der BGH in einem Urteil vom 06.05.2021 das Merkmal des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes neu bestimmt. Insbesondere kann dieser Vorsatz nicht mehr allein darauf gestützt werden, dass der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen bekanntermaßen zahlungsunfähig ist. Der Schuldner muss vielmehr zusätzlich wissen oder zumindest billigend in Kauf nehmen, seine Gläubiger auch zukünftig nicht vollständig befriedigen zu können. Der Gläubiger wiederum muss diesen Vorsatz des Schuldners kennen.
Insolvenzverwalter werden es unter diesen Voraussetzungen künftig also deutlich schwerer haben, Anfechtungsansprüche durchzusetzen. Als Anfechtungsgegner sollte man sich daher bei formeller Anfechtung durch Insolvenzverwalter kompetenten Rat einholen und prüfen lassen, ob ein Anfechtungsanspruch tatsächlich gerichtsfest durchgesetzt werden kann.
Schwierig bleiben natürlich nach wie vor die Fälle, in denen der Schuldner die eigene Zahlungsunfähigkeit dem späteren Anfechtungsgegner nachweisbar offenlegt, insbesondere, wenn es dann im Anschluss zu einer Ratenzahlungsvereinbarung kommt, die wiederum nicht regelmäßig durchgehalten werden kann.
In jedem Fall sollte man aber Anfechtungsschreiben von Insolvenzverwaltern kritisch hinterfragen.
(Urteil BGH vom 06.05.2021, IX ZR 72/20)
Bildquelle: Bundesgerichtshof/Stephan Baumann