Welche Änderungen bringt das neue Stiftungsrecht?

Das Stiftungsrecht beruhte bisher sowohl auf bundesrechtlichen Regelungen (BGB) als auch auf landesrechtliche Regelungen (Stiftungsgesetzte der 16 Bundesländer). Insbesondere die landesrechtlichen Regelungen waren hierbei nicht einheitlich gefasst. Um dieses Nebeneinander von Bundes- und Landesrecht zu vereinheitlichen, verabschiedeten Bundesrat und Bundestag im Juni diesen Jahres mit dem „Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts“ (BGBl 2021/2947) eine umfassende Reform des Stiftungsrechts.

Einer der wesentlichen Eckpunkte der Reform ist die künftig abschließende Regelung des Stiftungsrechts in den §§ 80 ff. BGB n.F. Hinzu treten neue Regelungen, insbesondere zu Namen, Sitz und Vermögen der Stiftung, zur Änderung der Stiftungssatzung sowie zur Zulegung und Zusammenlegung von Stiftungen. Für zusätzliche Transparenz wird zudem ein neues öffentliches Stiftungsregister eingeführt.

Die Reform des Stiftungsrechts wird in zwei Etappen durchgeführt. Der Großteil der neuen Regelungen tritt bereits zum 01. Juli 2023 in Kraft. Das öffentliche Stiftungsregister wird zum 01. Januar 2026 eingeführt.

Da die neuen Regelungen auch auf bereits bestehende Stiftungen Anwendung finden, empfiehlt sich gerade für bestehende Stiftungen eine Überprüfung der Stiftungssatzung dahingehend, ob eine Anpassung der Satzung an das neue Stiftungsrecht noch vor Inkrafttreten der neuen Regelungen im Jahr 2023 sinnvolle erscheint. Zur besseren Orientierung haben wir Ihnen im Folgenden die wohl relevantesten Neuerungen in einer Übersicht zusammengestellt:

Wesentliche Neuregelungen ab 01. Juli 2023

1. Stiftungsvermögen
Das Stiftungsvermögen setzt sich zukünftig aus zwei getrennten Vermögensmassen (Grundstockvermögen und sonstiges Vermögen der Stiftung) zusammen. Das Grundstockvermögen muss durch die Stiftung ungeschmälert erhalten werden. Der Stiftungszweck ist mit den Nutzungen des Grundstockvermögens zu erfüllen (§§ 83b, 83c BGB n.F.). Zum Grundstockvermögen dürften demnach insbesondere das bei Errichtung der Stiftung gewidmete Vermögen sowie eine spätere Zustiftung von weiterem Vermögen gezählt werden. Der Gesetzgeber stellt im Rahmen der Neuregelungen zudem ausdrücklich klar, dass auch Zuwächse aus der Umschichtung des Grundstockvermögens (Umschichtungsgewinne) zur Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden können, sofern dies nicht in der Stiftungssatzung ausdrücklich ausgeschlossen wird und die Erhaltung des Grundstockvermögens gewährleistet ist.

2. Stiftungsgeschäft
Die ab Juli 2023 geltenden gesetzlichen Regelungen sehen vor, dass der Stifter der Stiftung im Stiftungsgeschäft ein Vermögen widmen muss, dass der Stiftung zur deren eigener Verfügung zu überlassen ist (§ 81 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F.). Dies dürfte nach den Gesetzesmaterialien dazu führen, dass die Einsetzung einer Stiftung als Erbin unter gleichzeitiger Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung im Rahmen der neuen Regelungen nicht länger möglich erscheint. Eine Überprüfung sowie etwaige Anpassung von letztwilligen Verfügungen, die ein entsprechendes Stiftungsgeschäft enthalten, dürfte daher empfehlenswert sein.

3. Stiftungsorgane und Haftung
In Anlehnung an das Recht der Aktiengesellschaften schafft die Reform des Stiftungsrecht zukünftig auch für Stiftungsorgane mit Geschäftsführungsaufgaben die Möglichkeit, sich auf Business Judgement Rules berufen zu können (vgl. § 84a Abs.2 BGB n.F.). Hierdurch können Stiftungsorgane zukünftig besser vor einer Haftung geschützt werden. Diese Möglichkeit ist insbesondere für die Tätigkeit der Stiftungsorgane bei Anlage des Stiftungsvermögens relevant, da Stiftungsorgane bisher bei Absinken des Stiftungsvermögens unter einen in der Satzung festgelegten Wert eine persönliche Haftung fürchten mussten.

Die Reform enthält zudem einen gesetzlichen Satzungsvorbehalt für die Haftungsprivilegierung unentgeltlich tätiger Organmitglieder. Die grundsätzlich für unentgeltlich tätige Organmitglieder nach § 31a BGB bestehenden gesetzlichen Haftungsbeschränkung können nun durch Regelungen in der Satzung sowohl begrenzt als auch gänzlich ausgeschlossen werden (§ 84a Abs.3 BGB n.F.).

Die Stiftungsaufsicht erhält zudem die Kompetenz zur Notbestellung von Organmitgliedern für den Fall, dass ein Stiftungsorgan mangels Mitgliedern seine Aufgabe nicht wahrnehmen kann (§ 84c BGB n.F.)

4. Satzungsänderungen
Einen Schwerpunkt der gesetzlichen Neuerungen stellen die nun bundeseinheitlich und abschließend im BGB geregelten gesetzlichen Vorgaben für die Satzungsänderung dar (§§ 85, 85a BGB n.F.).

Ein Austausch sowie eine Beschränkung des Stiftungszwecks ist zukünftig nur noch dann möglich, wenn der Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann oder der Stiftungszweck das Allgemeinwohl gefährdet. Hierbei nimmt die Reform insbesondere dann eine nicht länger mögliche Erfüllbarkeit des Stiftungszwecks an, wenn der Stiftung die finanziellen Mittel zur Erfüllung des Stiftungszwecks fehlen. Eine Änderung des Zwecks sowie der weiteren prägenden Bestimmungen der Stiftungssatzung (insbesondere Name, Sitz, Art und Weise der Zweckerfüllung, Verwaltung des Grundstockvermögens, gemeinnützlichkeitsrechtliche Satzungsbestimmungen) sind zulässig, soweit diese notwendig sind, um die Satzung der Stiftung an wesentlich veränderte Verhältnisse anzupassen. Im Übrigen sind Satzungsänderungen dann zulässig, wenn sie der Zweckerfüllung dienen.

5. Beendigung von Stiftungen
Auch die Beendigung von Stiftungen wird künftig einheitlich geregelt. Eine Selbstauflösung der Stiftung durch die zuständigen Stiftungsorgane soll nach der Reform künftig nur dann möglich sein, wenn die Stiftung ihren Zweck dauerhaft und endgültig nicht mehr erfüllen kann. Diese Voraussetzung dürfte vorliegen, wenn die Erfüllung des Stiftungszwecks nicht mehr durch eine entsprechende Satzungsänderung sichergestellt werden kann. Eine Aufhebung der Stiftung durch die Stiftungsaufsicht erfolgen hingegen nur, soweit die Auflösung trotz Vorliegen der Voraussetzungen nicht durch die Stiftungsorgane selbst eingeleitet wird, die Stiftung das Allgemeinwohl gefährdet oder die Stiftung einen Verwaltungssitz im Ausland begründet (§ 87a BGB n.F.).

6. Zulegung / Zusammenlegung von Stiftungen
Durch die Reform werden auch für die Zulegung und Zusammenlegung von Stiftungen („Fusion“) umfangreiche Regelungen in das BGB aufgenommen. Die Neuregelungen sehen die Einführung eines eigenen stiftungsrechtlichen Verfahren vor, das Parallelen zu der aus dem Gesellschaftsrecht bekannten Verschmelzung von Gesellschaften aufweist. Der bisherige Weg der Auflösung einer Stiftung und anschließender Übertragung des Stiftungsvermögens auf die aufnehmende Stiftung dürfte damit nun entbehrlich sein. Möglich sind Zulegung und Zusammenlegung nach den neuen Regelungen jedoch nur dann, wenn sich für die beteiligten Stiftungen die Verhältnisse wesentlich verändert haben und eine Anpassung durch Satzungsänderung nicht mehr möglich ist. Der Zweck der übertragenden Stiftung muss zudem im Wesentlichen mit einem Zweck der übernehmenden Stiftung übereinstimmen (§§ 86 ff. BGB n.F.).

Neuregelung ab 01. Januar 2026: Öffentliches Stiftungsregister
Die Einführung des neuen Stiftungsregisters erfolgt erst zum 01. Januar 2026. Alle Stiftungen sind verpflichtet, eine Anmeldung im Stiftungsregister vorzunehmen. Bereits vor in Kraft treten der Reform bestehende Stiftungen müssen sich spätestens bis 31.12.2026 zum Stiftungsregister angemeldet haben (§ 20 Abs.1 Stiftungsregistergesetz). Das Stiftungsregister sowie die dort hinterlegten Dokumente (insbesondere die Satzung) sind grundsätzlich für jedermann einsehbar.

Das Stiftungsregister ist ähnlich dem Vorbild des Handelsregisters mit entsprechender Publizitätswirkung ausgestattet. Ihm sind unter anderem Angaben zum Sitz der Stiftung, den Vorstandsmitgliedern sowie besonderen Vertretern samt Nachweis der jeweiligen Vertretungsmacht zu melden. Darüber hinaus sind Dokumente über die Bestellung sowie die jeweilige Stiftungssatzung einzureichen. Änderungen sind ebenfalls dem Register zu melden. Die Anmeldungen sind öffentlich (notariell) zu beglaubigen. Bei Verstoß gegen die Pflicht zur Anmeldung der meldepflichtigen Angaben kann die Registerbehörde Zwangsgelder verhängen.

Ausblick
Die beschlossenen Neuregelungen des Stiftungsrechts führen insbesondere bei überregional tätigen Stiftungen aufgrund der nun einheitlichen bundesrechtlichen Regelung sowie der im Nachgang erfolgenden Anpassung der Landesstiftungsgesetze zu mehr Rechtssicherheit. Angesichts der kommenden Änderungen sowie der Einführung des Stiftungsregisters dürfte es für bestehende Stiftungen empfehlenswert sein, ihre Satzungen auf möglichen Anpassungsbedarf hin zu überprüfen. Auch kann es sinnvoll sein, beabsichtigte Änderungen, z.B. beim Stiftungszweck, noch vor In Kraft treten der Reform zu vollziehen, soweit das aktuell geltende Stiftungsrecht hierfür günstigere Vorgaben enthalten sollte.

 

Bildquelle: ©MicroStockHub/iStock.com

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