Damit Darlehen unter nahen Angehörigen steuerlich anzuerkennen sind, müssen sie fremdüblich vereinbart sein. Häufiger Streitpunkt ist dabei die Fremdüblichkeit der Verzinsung – auch vor dem Hintergrund der Schenkungsteuer.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die Einräumung eines zinslosen Darlehens – bei Fehlen einer sonstigen Gegenleistung – eine unentgeltliche Zuwendung, die der Schenkungsteuer unterliegt. Gegenstand der Zuwendung ist die unentgeltliche Gewährung der Nutzungsmöglichkeit des als Darlehen überlassenen Kapitals.
Zinssatz spielt eine entscheidende Rolle
Wird das Darlehen nicht zinslos, sondern mit einem niedrigen Zinssatz gewährt, liegt ebenfalls eine freigebige Zuwendung vor. In diesem Fall liegt eine Bereicherung in Höhe der Zinsdifferenz zwischen dem vereinbarten und dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % pro Jahr der Darlehensgewährung vor. Weist ein Steuerpflichtiger nach, dass der marktübliche Zinssatz für eine gleichartige Kapitalanlage unter dem gesetzlich festgelegten Zinssatz von 5,5 % liegt, kann für die Bewertung des Nutzungsvorteils von dem nachgewiesenen Zinssatz ausgegangen werden. Vergleichsmaßstab ist der marktübliche Zinssatz, der bei der Gewährung oder Aufnahme eines Darlehens zu vergleichbaren Bedingungen zu entrichten gewesen wäre.
Liegt der vereinbarte Zinssatz nur unwesentlich unter dem marktüblichen, nimmt die Finanzverwaltung keine freigebige Zuwendung an. Jedoch wurde bisher nicht festgelegt, ab wann eine unwesentliche Abweichung vorliegt.
Bei der Vereinbarung eines vergleichsweise hohen Zinssatzes entsteht laut Rechtsprechung eine Schenkung des Darlehensnehmers an den Darlehensgeber. Eine Bereicherung des Darlehensgebers ergibt sich in diesem Fall ebenfalls in Höhe der Zinsdifferenz.
Was ist „marktüblich“?
Die Finanzverwaltung setzt in der Praxis hohe Maßstäbe an den Nachweis des marktüblichen Zinssatzes. Regelmäßig wird gefordert, dass der Steuerpflichtige nachweisen muss, welchen Zinssatz er ganz konkret bei einer Bank zum Zeitpunkt der Darlehensvergabe bei vergleichbaren Bedingungen hätte zahlen müssen. Allgemeine Hinweise auf das Zinsniveau zum Zeitpunkt des Darlehensbeginns oder auf Darlehensrechner im Internet werden regelmäßig nicht akzeptiert.
In der Vergangenheit wurden die Fälle von Angehörigen-Darlehen aus schenkungsteuerlicher Sicht eher stiefmütterlich behandelt. Inzwischen werden jedoch vermehrt Fälle durch die Finanzverwaltung aufgegriffen. Da der Darlehensbeginn teilweise viele Jahre zurückliegt, haben die Steuerpflichtigen regelmäßig keine Beweisvorsorge für einen Marktzins getroffen, da aus Sicht der Steuerpflichtigen die Zinssätze oftmals als fremdüblich anzusehen waren. Das Risikobewusstsein hinsichtlich möglicher zukünftiger Diskussionen mit der Finanzverwaltung war in einer Vielzahl der Fälle nicht vorhanden. Einen Nachweis für die Angemessenheit heute zu erhalten, ist schwierig, da es sich regelmäßig um Kulanzleistungen der Banken handeln dürfte, ein Darlehensangebot für abgelaufene Jahre und Zinsperioden zu erstellen.
Auch wenn „akut“ keine Schenkungsteuer anfällt, also der kapitalisierte Wert des Zinsvorteils unter den persönlichen Freibeträgen liegt, ist für weitere Zuwendungen innerhalb von zehn Jahren eine Vorschenkung durch den Zinsvorteil zu bedenken. Dies kann sich insbesondere bei einem plötzlichen Tod des Darlehensgebers auswirken. Auch mögliche Übertragungen im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge werden dadurch erschwert.
Werden neue Darlehen aufgenommen, empfiehlt es sich vor Beginn des Darlehensverhältnisses, Vergleichsangebote von Banken einzuholen und vorzuhalten. Dabei ist unbedingt auf die Vergleichbarkeit der Darlehenskonditionen zu achten.
Für „Altfälle“ sollte auch im Falle eines Aufgreifens durch die Finanzverwaltung über den Klageweg nachgedacht werden. Da die Haltung der Finanzverwaltung hinsichtlich des Nachweises des marktüblichen Zinssatzes in der Praxis durchaus als „restriktiv“ und „unnachgiebig“ bezeichnet werden kann, ist eine finanzgerichtliche Entscheidung dringend notwendig. Erste Verfahren vor Finanzgerichten sind bereits anhängig.
Vor diesem Hintergrund ist auch der Beschluss des Finanzgerichtes Hamburg vom 31.01.2019 zu betrachten. In diesem Verfahren wurde hinsichtlich der Abzinsung von unverzinslichen Verbindlichkeiten die Aussetzung der Vollziehung aufgrund ernsthafter Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des typisierenden Zinssatzes von 5,5 % gewährt. Maßgeblich war insbesondere, dass dieser Zinssatz den Bezug zum langfristigen Marktzinsniveau verloren hat.
Zusätzlich ist es möglich, durch eine vorzeitige Tilgung des Darlehens (vollständig oder anteilig) die Laufzeit und damit die Höhe der freigebigen Zuwendung zu vermindern.
Fazit: Vorsicht bei Darlehen in der Familie
Es zeigt sich deutlich, dass es problematisch sein kann, etwaige Darlehen im Familienkreis zu gewähren. Denn dann ist man dem latenten Risiko ausgesetzt, zukünftig mit der Finanzverwaltung hinsichtlich der Fremdüblichkeit der Verzinsung diskutieren zu müssen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, entsprechende Dokumentationen vorzuhalten, mit denen sich im Zweifel die Fremdüblichkeit der vereinbarten Verzinsung zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung nachweisen lässt.
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