Auf Kommunalisierung folgt Privatisierung, auf Privatisierung wieder Kommunalisierung. Wechselbewegungen von Privatisierung und Kommunalisierung gab und gibt es immer wieder, doch momentan erfahren wir in vielen Bereichen eine wahre „Kommunalisierungs-Renaissance“. Ihre Aufgaben können Kommunen intern durch Eigen- oder Regiebetriebe, aber auch durch Ausgliederungen erfüllen. Welche Vorzüge bieten Ausgliederungen? Und gibt es „die Organisationsform der Wahl“, wenn es um wirtschaftliche Betätigungen geht?
Kommunale Aufgaben sind vielfältig: Versorgung mit Elektrizität, Gas, Fernwärme und Wasser, Abfallwirtschaft, Straßenreinigung, Verkehrsbetriebe, Gebäudemanagement, Kultureinrichtungen, Schwimmbäder, Kindertagesstätten, Pflegeheime – um nur einige zu nennen.
Dass es bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben gern wieder etwas „kommunaler“ sein kann, dürfte neben dem Gewährleistungsaspekt in der Daseinsvorsorge vor allem zwei Gründe haben: Einerseits hat sich gezeigt, dass die private Aufgabenerledigung nicht automatisch effizienter, qualitativer oder günstiger ist; andererseits ist aber auch das Vertrauen der Kommunen selbst gewachsen. Denn in einer sich stets professionalisierenden Kommunalverwaltung erhalten auch betriebswirtschaftliche Denk- und Handlungsweisen verstärkt Einzug. Letzteres ist nicht zuletzt der Auswahl an Organisationsformen zu verdanken, die der Kommune einen Wettbewerb auf Augenhöhe mit Privatunternehmen ermöglicht.
Dieser Beitrag mag dem geneigten, aber auch dem kritischen Leser einen Überblick bieten über die Vorzüge einer Ausgründung in zwei klassische Organisationsformen: die Gesellschaft mit beschränkter Haftung („GmbH“) und die Anstalt des öffentlichen Rechts („Kommunalunternehmen“).
Die kommunale GmbH und das Kommunalunternehmen: Ein Überblick
Die mit Sicherheit verbreitetste Form der Ausgründung ist die kommunale GmbH – dies insbesondere wegen ihrer Tradition, ihrer unkomplizierten Gründung und ihrer rechtlichen Selbstständigkeit. Neben der klassischen Daseinsvorsorge (Energie, Wasser, Wärme, Sport) ist sie besonders häufig im Bereich der Kultur, des Verkehrs sowie der Tourismus- oder Wirtschaftsförderung anzutreffen.
Mit Tradition und Verbreitung kann das Kommunalunternehmen, das der Gesetzgeber den Kommunen zwischen den Meeren erstmals im Jahr 2003 bereitstellte, nicht punkten. Die öffentlich-rechtliche Organisationsform mit eigener Rechtspersönlichkeit konnte jedoch die Lücke zwischen den rechtlich unselbstständigen Regie- oder Eigenbetrieben und den privatrechtlichen Rechtsformen schließen. Das Kommunalunternehmen scheint im abgaben- bzw. gebührenfinanzierten Bereich besonders attraktiv zu sein, etwa bei Kindertagesstätten, der Straßenreinigung oder der Entsorgung. Schließlich kann ihm die Kommune insoweit das Recht übertragen, in seinem Aufgabengebiet Satzungen und auf deren Grundlage Verwaltungsakte zu erlassen und gegebenenfalls zu vollstrecken. Die Kommune kann auch einen Anschluss- und Benutzungszwang vorschreiben.
„Checks & Balances“ – Kommunale Kontrolle einer eigenverantwortlichen Führung
Wegen ihrer unternehmerischen Führungsstruktur erweisen sich das Kommunalunternehmen und die GmbH für die öffentliche Hand vielfach als vorteilhaft gegenüber integrativen Organisationsformen. Von der jeweiligen Geschäftsführung bzw. dem Vorstand werden sie grundsätzlich in eigener Verantwortung, häufig in Vollzeit, geleitet. Gerade gegenüber Regie- und Eigenbetrieben erweisen sich das Kommunalunternehmen und die GmbH damit als wesentlich selbstständiger in ihren Handlungen, was die Entscheidungsfreude und Handlungsschnelligkeit der Führung fördert und zur Professionalität bei der Unternehmensführung beiträgt. Ein unschätzbarer Wettbewerbsfaktor, wie er in der Privatwirtschaft längst üblich ist.
Und obwohl eine aus der Verwaltung ausgegliederte Führung viel unabhängiger und flexibler ist, ist das kommunale Band nie ganz gekappt. Für die GmbH ergibt sich dieser Umstand schon daraus, dass die Kommune (als Gesellschafterin) die strategischen Geschicke der GmbH in den Händen behält und einzelne Entscheidungen zudem durch einen Aufsichtsrat kontrollieren kann. Das öffentlich-rechtliche Kommunalunternehmen kennt dagegen keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung. Kommunalrechtliche Kontrolle übt hier der – von der Kommunalvertretung bestellte – Verwaltungsrat aus, der seinerseits die Mitglieder des Vorstandes bestellt und dessen Geschäftsführung überwacht. Anders als bei der kommunalen GmbH verfügt der Verwaltungsrat gegenüber dem Vorstand aber über kein direktes Weisungsrecht in Einzelfragen, was das Kommunalunternehmen noch etwas autonomer erscheinen lässt.
In beiden Fällen lässt sich allerdings der steuernde Einfluss der Kommune auf die jeweilige Führungsriege wohl „dosieren“ und an die Verhältnisse vor Ort anpassen. So dürfte etwa bei einer Ausgliederung von Kindertagesstätten (schon aus politischen Gründen) eine dichtere kommunalrechtliche Kontrolle angezeigt sein, als bei einer Ausgliederung im Energiebereich.
Kommunen haften für ihre Unternehmen: Ist das so?
Kommunen (und Eltern) können aufatmen, denn: grundsätzlich müssen auch Kommunen nicht für die Verbindlichkeiten ihrer GmbH bzw. Anstalt haften. Den aufmerksamen Leser dürfte nicht überraschen, dass die Kommune bei Ausgliederung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung auch nur beschränkt haftet, und zwar grundsätzlich auf Höhe der von ihr geleisteten Stammeinlage. Das Kommunalunternehmen verfolgt in Schleswig-Holstein – anders als zum Beispiel in Brandenburg – ein ähnliches Modell. Denn das hiesige Kommunalrecht kennt keine unbeschränkte Haftung der Kommune für die Verbindlichkeiten ihrer Anstalten (sog. Gewährträgerhaftung). Gleichwohl muss sie die Anstalt nach kaufmännischen Grundsätzen mit den zur Aufgabenerfüllung notwendigen Mitteln ausstatten, was im Einzelfall aber keine umfassende Haftungspflicht bedeutet (sog. Anstaltslast).
Die Kehrseite der Haftungsbegrenzung – die bonitätsbedingte Einengung von Kreditlinien – lässt sich dabei gezielt angehen. So können im Einzelfall etwa kommunale Bürgschaften oder Darlehen den nötigen Fremdkapitalzufluss sicherstellen. Bei deren Ausgestaltung sollte jedoch penibel auf Beihilfenrechtskonformität geachtet werden, denn: hier lauern Fallstricke, die in Konkurrentenklagen nur zu gern aufgegriffen werden.
„bigger is better“ – Synergieeffekte durch Auslagerung und Kooperation
Betriebswirtschaftliche Motive für eine Ausgliederung können sicherlich auch die Haushaltsgestaltung oder eine transparente Bilanzierung sein. In vielen Fällen dürfte jedoch ein anderer Aspekt mehr (zumal politische) Aufmerksamkeit generieren: Die Ausgliederung kommunaler Aufgaben macht sich erfahrungsgemäß oft auch auf dem Konto bemerkbar, weil Rationalisierungs-, Verbund- und Größeneffekte zu erheblichen Einsparungen führen können.
Häufig können gerade in Versorgungskonzernen Synergieeffekte durch koordinierte Netz-, Erzeugungs-, Vertriebs- und Dienstleistungsvolumina erreicht werden. Etwas „exotischer“ wurde aber auch schon eine Zusammenführung von Ver- und Entsorgungstätigkeiten in einem Holding-Modell umgesetzt, indem ein Kommunalunternehmen mit der Aufgabe der Abwasserbeseitigung die städtischen Anteile an einer Stadtwerkegesellschaft mit den Geschäftsfeldern Energie- und Wasserversorgung sowie Bäder übernahm. Unter Wahrung einer steuerlich optimalen Gestaltung für alle Aufgabenbereiche konnten auf diese Weise Überschneidungen vermieden und Synergien gesichert werden (Rohrnetzüberwachung, Reparatur, Betrieb, Bereitschaft, Störungsbeseitigung).
Besondere Erwähnung verdient auch die Möglichkeit, interkommunal (oder mit Privatunternehmen) in ausgelagerten Einheiten zusammenzuarbeiten. Gerade für viele kleinerer Kommunen dürften hier Vorteile zu erwarten sein, wie zum Beispiel größere rechtsaufsichtliche Sicherheiten, breitere Abfederung wirtschaftlicher und rechtlicher Risiken, Zusammenlegung von Know-how, wirtschaftliche Vorteile durch geringere Kosten. Insoweit scheint auch die Möglichkeit interessant, verschiedene Kindertagesstätten unter dem Dach einer Anstalt des öffentlichen Rechts zusammenzuführen.
Und jetzt? Welche Organisationsform ist denn nun „die beste“?
Ob und in welcher Rechtsform die Kommune ihre Aufgaben selbst erfüllt, muss unter zahlreichen Gesichtspunkten sorgfältig abgewogen werden. Motive können (auszugsweise) sein: wirtschaftliche Vorteile, Managementstrukturen, öffentliches Dienstrecht, politische Kontrolle, transparente Bilanzierung oder die Haushaltsgestaltung (z.B. Kreditaufnahme außerhalb des Haushalts).
Fällt die sorgfältig getroffene Entscheidung trendgemäß zu Gunsten einer kommunalen Wahrnehmung aus, haben sämtliche Organisationsformen ihre Daseinsberechtigung. Für wirtschaftliche Tätigkeiten geringeren Umfangs, zum Beispiel für kleine Stadtwerke oder Schlachthöfe, kann der kommunale Eigenbetrieb durchaus als geglückter Kompromiss zwischen organisatorischer Selbstständigkeit und Gründungsaufwand punkten. Für noch kleinere Vorhaben mag auch der Regiebetrieb noch ausreichend sein. Traut sich die Kommune jedoch an wirtschaftlich nicht ganz unbedeutende Betätigungen – unter Umständen in Kooperation mit anderen Kommunen oder privaten Unternehmen –, erscheinen die Vorteile einer Ausgründung lohnend.
Ob nun die Form der GmbH oder die des Kommunalunternehmens die vorteilhafteste ist, lässt sich nicht pauschalisieren, insbesondere weil beide Organisationsformen vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten und eine individuelle Austarierung von autonomer Führung und kommunalem Einfluss ermöglichen. Die Anstaltslösung dürfte aber zumindest dort punkten, wo (auch) hoheitliche Tätigkeiten mit ausgelagert werden sollen. Das kann wegen zu erwartender Synergieeffekte durchaus sinnvoll sein, zum Beispiel bei der Zusammenlegung von Ver- und Entsorgung oder mehreren Kindertagesstätten.
Letztendlich lässt sich jedoch erfreulicherweise festhalten, dass ein Wettbewerb auf Augenhöhe mit Privatunternehmen zumindest nicht am „Korsett der Organisationsform“ scheitern dürfte. Den Kommunen steht hier nämlich eine üppige Auswahl zur Verfügung, die für jeden Zweck eine passende Gestaltungsvariante bieten dürfte.
Vorschau auf den nächsten Blogbeitrag
Besonders gern bedienen sich Kommunen – auch in Kooperation mit anderen Gemeinden oder privaten Versorgern – der Möglichkeit zur Ausgliederung, wenn es um den Ausbau und den Betrieb von Breitbandinfrastrukturen geht. An dieser Stelle lauern oft verkannte Haftungsrisiken, vor allem beihilfen-, vergabe- und regulierungsrechtlicher Provenienz. Über die beihilfenrechtlichen Chancen und Risiken im Bereich der Breitbandförderung möchten wir Sie gern in unserem nächsten Beitrag aus der Kategorie „Öffentliches Wirtschaftsrecht“ informieren.
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