Mit dem kürzlich vorgelegten Gesetzesentwurf zur Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie will die Bundesregierung auch bestehende Gesetzeslücken schließen, die Kryptowährungen betreffen. Geplant ist auch, das deutsche Zivilrecht für digitale Wertpapiere zu öffnen.
Die Digitalisierung hat in vielen Bereichen zu großen Veränderungen geführt. Auch die Finanzmärkte können sich diesen neuen Entwicklungen nicht verschließen. Zu diesen Neuerungen gehörte in den letzten Jahren insbesondere die Entwicklung sogenannter blockchainbasierter Technologien. Diese ermöglichen es, Wertrechte mit beliebigem Inhalt (sog. „Token“ oder „Coins“) elektronisch vom Verkäufer auf den Käufer zu übertragen, ohne hierfür Dritte einschalten zu müssen.
Bisherige bankaufsichtsrechtliche Regulierungen
Der erste relevante Anwendungsfall einer Blockchain-Technologie erfolgte im Jahr 2009 mit Entwicklung des Bitcoin. Der Bitcoin sollte Bezahlungen online direkt zwischen den Vertragsparteien ohne die bei gängigen Onlinebezahlsystemen notwendige Beteiligung eines Finanzdienstleisters ermöglichen. In den Folgejahren entdeckten dann vermehrt Start-ups das Potenzial von virtuellen Währungen oder anderen Krypto-Token als schnelle und unbürokratische Finanzierungsform. Aufgrund der möglichen Anonymität bei der Benutzung von Kryptowährungen wurden diese jedoch gleichfalls interessant für illegale Geschäfte jeglicher Art.
Dies hatte zur Folge, dass die Notwendigkeit der Schaffung gesetzlicher Regulierungsmechanismen verstärkt in den Fokus des Gesetzgebers trat. Ein erster Schritt hierzu war die Qualifizierung des Bitcoin sowie anderer als privates Zahlungsmittel dienender Krypto-Token als Rechnungseinheiten im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG). Damit konnten gewerbsmäßige oder in kaufmännischem Umfang geführte Geschäfte seit 2011 als erlaubnispflichtige Bank-und Finanzdienstleistungen eingestuft und so bankaufsichtsrechtlich durch die BaFin reguliert werden.
Derzeit noch bestehende Lücken in den aufsichtsrechtlichen Regelungen sollen durch den bereits dieses Jahr durch die Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie weiter geschlossen werden. Dieser sieht insbesondere vor, Kryptowerte als eigene Unterkategorie der Finanzinstrumente sowie Kryptoverwahrgeschäfte als neue Finanzdienstleistung in das KWG aufzunehmen. Da das KWG über den Begriff des „geldwäscherechtlich Verpflichteten“ eng mit dem Geldwäschegesetzt (GWG) verzahnt ist, wird durch diese Änderungen zukünftig vor allem die Anwendbarkeit geldwäscherechtlicher Vorschriften auf weitere Anbieter von digitalen Finanzdienstleistungen erweitert.
Die in den vergangenen Jahren bereits gehandelten Krypto-Token können oftmals (aufsichts-) rechtlich nicht als Wertpapier, Vermögensanlage oder Finanzinstrument eingeordnet werden. Dies führt dazu, dass bestehende kapitalmarktrechtliche Vorschriften, die meist dem Schutz der Anleger dienen, von den Emittenten dieser Krypto-Token bisher nicht beachtet werden müssen. Um hier eine dem Anlegerschutz angemessen Pflicht zur Risikoaufklärung der Anleger zu schaffen, erwägt die Bundesregierung die nationale Regulierung des öffentlichen Angebots dieser Token, bis eine einheitliche Regulierung auf europäischer Ebene beschlossen wurde.
Rechtlicher Rahmen für digitale Wertpapiere
Für die durch die Bundesregierung geplante Ausgabe digitaler Wertpapiere fehlen bisher noch die (zivil-)rechtliche Rahmenbedingungen. Das deutsche Zivilrecht sieht nicht vor, dass Wertpapiere rein elektronisch auf Basis einer Blockchain ausgegeben werden können. Nach jetziger Rechtslage bedarf ein Wertpapier zu seiner rechtlich wirksamen Entstehung der Verkörperung des mit dem Wertpapier eingeräumten Rechts in einer (Papier- )Urkunde. Ein rein digitales Token kann diese mit einer Urkunde verknüpfte Legitimationsfunktion dagegen nicht erfüllen. Denn nach aktueller Rechtslage kann das Token lediglich Ansprüche, Forderungen oder Rechte gewähren, die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zwischen den Parteien entstehen.
Durch einen Verzicht auf Wertpapierurkunden könnte die Emission von Wertpapieren sowie die Abwicklung von Wertpapiergeschäften schneller und kostengünstiger gestalten werden. Die Bundesregierung plant daher, das deutsche Zivilrecht zeitnah für digitale Wertpapiere zu öffnen. Ausweislich der im September 2019 verabschiedeten Blockchain-Strategie der Bundesregierung soll hierzu die derzeit zwingende Vorgabe der Papierform von Wertpapieren (urkundliche Verkörperung) für bestimmte Wertpapiere nicht mehr uneingeschränkt gelte. Die geplante Öffnung soll jedoch vorerst auf elektronische Schuldverschreibungen begrenzt werden.
Das elektronische Wertpapier könnte zukünftig durch Eintragung in ein Register entstehen. Die Dokumentationsfunktion der bisher notwenigen Wertpapierurkunde würde bei elektronischen Wertpapieren durch Erfassung der Rechte in einem elektronischen Wertpapierregister ersetzt werden. An die Richtigkeit eines solchen Wertpapierregisters sind aufgrund der angedachten Publizitätswirkung hohe Anforderungen zu stellen. Um Manipulationsmöglichkeiten zu vermeiden, soll die Registerführung daher durch eine staatliche oder eine unter staatlicher Aufsicht stehende Stelle erfolgen. Ein erster Gesetzentwurf ist noch für dieses Jahr geplant.
Ausblick
Mehrere EU-Mitgliedsstaaten sowie die Schweiz ermöglichen bereits die Ausgabe papierloser Wertpapiere. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland nicht zu gefährden, möchte die Bundesregierung als nächsten Schritt daher auch die Einführung elektronsicher Aktien und elektronischer Investmentfondsanteile prüfen. Ob darüber hinaus weitere vergleichbare Mitgliedschaftsrechte, wie zum Beispiel der Erwerb eines Genossenschaftsanteils, für eine Digitalisierung geöffnet werden, bleibt abzuwarten. Die Blockchain-Technologie dürfte aber nicht nur im Bereich Bank- und Kapitalmarktrecht, sondern auch im gesellschaftsrechtlichen Bereich das Potenzial haben, in den nächsten Jahren weitere Veränderungen althergebrachter rechtlicher Mechanismen anzustoßen.
Bild: Oleg Kozlovskyy/shutterstock