FAQ Corona – Handels- und Zivilrecht: Lieferengpässe und Produktionsausfälle

Begründet die Corona-Lage höhere Gewalt? Ist bei Fälligkeit der Leistungs-/Lieferpflicht grundsätzlich eine zeitliche Verschiebung nach hinten möglich? Was tun, wenn dem Auftragnehmer die Leistungserbringung nicht möglich ist: Vertragsrücktritt oder außerordentliche fristlose Kündigung? Muss der Auftraggeber bei Leistungshindernissen dennoch Vergütung zahlen? Dr. Alena Arnst, Rechtsanwältin bei EEP, beantwortet die häufigsten Fragen zu Lieferengpässen und Produktionsausfällen.  

Begründet die Corona-Lage höhere Gewalt?

Höhere Gewalt bedeutet: Ein unvorhersehbares Begebnis wirkt von außen auf das Unternehmen ein. Der Auftragnehmer kann diesem nicht rechtzeitig mit entsprechenden und tragbaren Maßnahmen entgegenwirken. Bezüglich der Corona-Lage ist die höhere Gewalt stets am Einzelfall zu bemessen. In einer Lieferkette kann sich der Einzelne bei Nichtbelieferung gegenüber seinen Abnehmern aber nur auf Höhere Gewalt berufen, wenn er seine Ware auch nicht von alternativen (ggf. teureren) Lieferanten beziehen kann. Wie weit diese Pflicht geht, ist wiederum Frage des Einzelfalles. Liegt höhere Gewalt vor, heißt das: eine Schadensersatzverpflichtung entfällt.

Ist bei Fälligkeit der Leistungs-/Lieferpflicht grundsätzlich eine zeitliche Verschiebung nach hinten möglich?

Ja, bis zur Behebung des Leistungshindernisses. Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn die Erbringung der Leistung unmöglich ist (dauerhafte Nichterbringbarkeit der Leistung oder bei einem absoluten Fixgeschäft).

Was tun, wenn dem Auftragnehmer die Leistungserbringung nicht möglich ist: Vertragsrücktritt oder außerordentliche fristlose Kündigung?

Je nach Ausgestaltung der Höhere-Gewalt-Klausel im Vertrag ist das unterschiedlich. Wenn keine vorhanden ist, gilt: Bei Einzelverträgen kann der Auftraggeber nach geltender Ansicht zurücktreten. Daraus resultieren rechtliche Folgen sind Vertragsrückabwicklung und Rückgewähr der erbrachten Leistungen. Eine Schadenersatzpflicht des Auftragnehmers gegenüber seinem Kunden besteht, wenn er die Leistungsunfähigkeit verschuldet hat. Bei Dauerschuldverhältnissen besteht die Möglichkeit der beiderseitigen außerordentlichen fristlosen Kündigung. Dies ist möglich, wenn für den Kündigenden der weitere Bestand des Vertrags – unter Berücksichtigung der beiderseitigen Belange – unzumutbar ist.

Achtung: Für die Verträge, für die das Leistungsverweigerungsrecht aus dem Moratorium greift, ist eine Vertragsanpassung/-aufhebung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§313 BGB) nicht mehr möglich, weil der Gesetzgeber diese Störung gesehen hat und durch das Leistungsverweigerungsrecht eine neue Geschäftsgrundlage für diese Verträge geschaffen hat!

Muss der Auftraggeber bei Leistungshindernissen dennoch Vergütung zahlen?

Grundsätzlich nein, so lange das Leistungshindernis andauert. Eine Ausnahme kann aber u.a. dann bestehen, wenn der Auftraggeber das Leistungshindernis allein oder weit überwiegend zu vertreten hat.

 

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Bild: Ormalternative /shutterstock

 

 

 

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