Buchstäblich in letzter Sekunde haben sich Bund und Länder im Vermittlungsausschuss auf einen Kompromiss zur Erbschaftsteuer geeinigt. Änderungen gibt es unter anderem bei der Bewertung von Unternehmen, bei der zinslosen Stundung und bei der Definition des Verwaltungsvermögens. Inzwischen haben auch Bundestag und Bundesrat zugestimmt.
Länger hätte es nicht dauern dürfen: Kurz vor Ablauf der allerletzten Frist, die das Bundesverfassungsgericht gesetzt hatte, hat sich der Vermittlungsausschuss auf einen Kompromiss bei der Erbschaftsteuerreform verständigt. Das zähe Ringen hat damit nun höchstwahrscheinlich ein Ende. Der Dauerstreit hatte große Unsicherheit in viele Familienbetriebe gebracht, die gerade unmittelbar vor einer Unternehmensnachfolge stehen.
Streitpunkt Kapitalisierungsfaktor
Eine wesentliche Änderung, die gegenüber dem vom Bundestag bereits beschlossenen Gesetzentwurf vorgenommen wurde, betrifft die Bewertung von Unternehmen. Der Kapitalisierungsfaktor, der im vereinfachten Ertragswertverfahren mit dem Gewinn multipliziert den Unternehmenswert ergibt, wurde zunächst im Gesetzentwurf von rund 18 auf maximal 12,5 abgesenkt. Das sollte vermeiden, dass niedrige Zinsen zu unrealistisch hohen Unternehmenswerten und damit auch zu völlig überzogenen Steuerzahlungen führen. Nun wurde der Faktor im Kompromiss allerdings wieder angehoben auf 13,75 – eine klare Verschlechterung im Vergleich zum bisherigen Gesetzentwurf.
Änderungen bei Verwaltungsvermögen und möglicher Stundung
Auch beim Verwaltungsvermögen hat sich noch einiges geändert. Bei der Optionsverschonung (100% Abschlag) wird nun eine maximale Verwaltungsvermögensquote von 20% eingeführt, wobei einige Details der Berechnung dieser Quote noch unklar sind. Nicht zum Verwaltungsvermögen zählen sollen Grundstücke, die vorrangig überlassen werden, um im Rahmen von Lieferungsverträgen dem Absatz von eigenen Erzeugnissen und Produkten zu dienen. Zudem gibt es neue Einschränkungen bei Kunstgegenständen: Wenn zum Beispiel bei Briefmarkensammlungen, Oldtimern, Yachten oder Segelflugzeugen nicht Handel, Herstellung, Verarbeitung oder entgeltliche Nutzungsüberlassung Hauptzweck des Betriebs ist, können sie nicht zum begünstigten Betriebsvermögen gezählt werden.
Auch bei der zinslosen Stundung, die möglich sein soll, wenn ein Firmenerbe durch die Zahlung der Steuer überfordert würde, bringt der Kompromiss neue Einschränkungen: Statt für maximal zehn Jahre, wie im vom Bundestag beschlossenen Gesetzentwurf vorgesehen, wird eine Stundung nur noch für maximal sieben Jahre gewährt. Zudem soll sie nur noch im ersten Jahr zinslos bleiben. Auch das ist eine Verschlechterung, die der Kompromiss aus dem Vermittlungsausschuss gebracht hat. Weitere Anpassungen betreffen unter anderem den Finanzmitteltest und den Umgang mit Altersversorgungspflichten.
Nicht geändert haben sich die Regelungen zur Abschmelzung des Verschonungsabschlags bei Großunternehmen sowie die Begünstigung gewerblich geprägter Personengesellschaften und entsprechender Kapitalgesellschaften. Geblieben ist auch der Anwendungszeitpunkt der Neuregelungen: Das neue Gesetz ist bereits für Übertragungen nach dem 30.06.2016 anzuwenden, das alte Erbschaftsteuerrecht gilt somit nur noch für Übertragungen vor dem 01.07.2016.
Letzte Hürde genommen
Nach dem Bundestag hat jetzt auch der Bundesrat den gefundenen Kompromiss gebilligt. Damit hat der lange Poker, der auf dem Rücken der mittelständischen Familienunternehmen in unserem Land ausgetragen wurde, nun ein Ende. Bis zuletzt war unsicher, ob die Bundesländer, in denen die Grünen an der Regierung beteiligt sind, den Kompromiss mittragen, zumal die Grünen im Bundestag als Oppositionsfraktion noch dagegen gestimmt hatten. Bis auf wenige Ausnahmen entschieden sich jedoch auch die Länder mit grüner Regierungsbeteiligung letztlich, im Bundesrat zuzustimmen, so dass die notwendige Mehrheit zustande kam. Nun muss der Bundespräsident das Gesetz noch unterzeichnen, dann kann es rückwirkend zum 01.07.2016 in Kraft treten.
Die Reform der Erbschaftsteuer wird in jedem Fall viel neue Bürokratie mit sich bringen. Zahlreiche Regelungen sind so komplex, dass sie im Detail nur von erfahrenen Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern zu überblicken sind. Unsere Experten an allen Standorten in Schleswig-Holstein stehen Ihnen jederzeit gern für eine individuelle Beratung zur Verfügung.