Einkommensteuer auf nicht ausgezahlte Gewinne

Es klingt paradox: Nach einer Entscheidung des OLG Stuttgart muss der Kommanditist einer im Insolvenzverfahren befindlichen GmbH & Co KG Einkommenssteuer auf Gewinne zahlen, die ihm gar nicht ausgezahlt wurden. Die Masse und die Gläubiger hingegen können die Gewinne brutto und steuerfrei einstreichen. Der kuriose Fall zeigt, wie wenig Gesellschafts-, Steuer- und Insolvenzrecht in Deutschland aufeinander abgestimmt sind.

Die Gesellschafter einer GmbH & Co. KG haben – als Ausfluss des im Steuerrecht geltenden Trennungsprinzips – für die seitens der Gesellschaft erzielten Gewinne Einkommensteuer zu zahlen. Das Gesellschaftsvermögen einer GmbH & Co. KG wird nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO nicht als Vermögen der Gesellschaft, sondern als anteiliges Vermögen der an ihr beteiligten Gesellschafter behandelt. Entsprechend erfolgt die Besteuerung mit Einkommensteuer auf Ebene der Gesellschafter.

Vor diesem Hintergrund ist nahezu in jedem KG-Vertrag ein Entnahmerecht des Gesellschafters für durch die Beteiligung an der Gesellschaft verursachte Steuern vorgesehen.

Wird die GmbH & Co. KG insolvent, hat bekanntlich der Insolvenzverwalter das vorhandene Vermögen zu verwerten. Für die Gesellschafter wird dies dann problematisch, wenn die zu verwertenden Vermögensgegenstände nur noch einen relativ geringen Buchwert aufweisen und der Veräußerungserlös um etliches höher liegt. Dann entstehen auf Ebene der Kommanditisten Gewinne, die zu entsprechenden Einkommensteuerfestsetzungen trotz des Insolvenzverfahrens führen.

Gesellschafter klagte gegen Insolvenzverwalter

In dieser Situation hatte ein betroffener Gesellschafter gegen den verwertenden Insolvenzverwalter auf Erstattung der Steuerlasten geklagt. Das Landgericht Esslingen hat diesen Erstattungsanspruch verworfen und wurde nun durch das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigt. In einem Hinweisbeschluss vom 02.11.2016 hat das Gericht der Berufung des Gesellschafters gegen das landgerichtliche Urteil keine Aussicht auf Erfolg zugebilligt. Der Insolvenzverwalter muss insoweit also keine Rücksicht auf die Belange der Gesellschafter nehmen. Insbesondere begründet er durch seine Verwertungshandlungen keine Masseverbindlichkeiten gegenüber den Kommanditisten.

Beschluss mit kuriosen Folgen

Das Ergebnis hat aber zur Folge, dass der Kommanditist der im Insolvenzverfahren befindlichen GmbH & Co. KG Einkommensteuer auf Gewinne zahlen muss, die ihm nicht ausgezahlt werden, während die Masse und die Gläubiger die Gewinne brutto und steuerfrei einstreichen. Wäre indes die Insolvenzschuldnerin eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der GmbH gewesen, wäre sie selbst steuerpflichtig gewesen. Die Frage nach einer Erstattungspflicht der Gesellschafter wäre nie aufgekommen. Derartige Wertungswidersprüche sind ein Beleg dafür, dass das Gesellschafts-, das Steuer- und das Insolvenzrecht nach wie vor wenig bis gar nicht aufeinander abgestimmt sind.

 

Entscheidungshinweis:

OLG Stuttgart, Hinweisbeschluss vom 02.11.2016 – 14 U 24/16 = Beck RS 2016, 19269

 

Bildquelle: tiero – 123rf.de

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