Stärken liquiditätswirksam eingesetzt: Wie berät eine multidisziplinäre Wirtschaftskanzlei zu Corona-Hilfen?

Bereits seit über einem Jahr müssen viele Unternehmen die negativen Auswirkungen der Corona-Krise bewältigen. Noch immer hat die Sicherstellung der Liquidität obere Priorität. Die vom Bund gestarteten Corona-Überbrückungshilfen I, II und III sollen helfen. Um Missbrauch entgegenzuwirken, ist die Antragstellung nur indirekt über bestimmte Berufsträger möglich (sog. prüfende Dritte, etwa Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte). Zur Unterstützung und zur Vorbereitung des Berufsstands auf die Antragstellung hat die Bundesregierung einen (vorläufigen) Frage-und-Antwort-Katalog (sog. FAQ) zur Verfügung gestellt. Die FAQ erläutern einige wesentliche Fragen zur Handhabung der Bundesprogramme, insbesondere auch zur Antragsberechtigung und zum Umfang der förderfähigen Kosten. In der Praxis ist jedoch häufig eine – zu Lasten des Antragstellers – zu schematische Anwendung dieser FAQ zu beklagen, sei es im Umgang mit atypischen Fällen wie verbundenen Unternehmen oder bei der zu wenig proaktiven „Beratung“ im Zusammenhang mit der Förderhöhe. In beiden Fällen bleibt – unnötigerweise – Liquidität auf der Strecke. Wir zeigen, was EEP als multidisziplinäre Wirtschaftskanzlei beim Umgang mit Überbrückungshilfen anders macht:

I. Trennen, was getrennt gehört: Vermeintlich verbundene Unternehmen als vorschnelle „Show-Stopper“ bei der Antragsberechtigung

Bei vielen Zweifelsfällen zum „Ob“ der Antragsberechtigung hilft es, sich zu vergegenwärtigen, dass die FAQ ein solch gewaltiges, sämtliche Branchen und Rechtstrukturen erfassendes, Förderprogramm lediglich in Fragmenten abbilden können. Diese Fragmente können dem prüfenden Dritten ein Werkzeug an die Hand geben, mit dessen Hilfe er 80 % der (typischen) Fälle untergebracht kriegt. Für die verbleibenden 20 % der (atypischen) Fälle helfen oft nur wettbewerbsrechtliche Erwägungen. Warum? Viele der in den FAQ angestellten Überlegungen und verwendeten Begriffe gehen auf das Europäische Beihilferecht zurück (Art. 107 AEUV). Dieses aber ist Teil des unionalen Wettbewerbsrechts und hat daher wettbewerbsschützenden Charakter. Bemüht man diesen Blick über den nationalen Tellerrand hinaus, lassen sich Zweifelsfälle mit entsprechenden Kenntnissen sehr häufig besser in den Griff bekommen.

Ein praxisrelevantes Beispiel:

Größte Schwierigkeiten bereitet der Umgang mit sog. verbundenen Unternehmen. Von einem verbundenen Unternehmen sprechen die FAQ dann, wenn mehrere rechtlich selbstständige Unternehmen gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden sind – dann eher unproblematisch – oder wenn sie derselben Person oder einer gemeinsamen handelnden Personengruppe gehören und auf sog. benachbarten Märkten agieren.

Letztere Fallgruppe ist von höchster Brisanz, birgt sie doch die Gefahr, dass der prüfende Dritte sämtliche Unternehmen einer Familie als Verbund im Sinne der FAQ wertet – die Folge: der für die Antragsberechtigung maßgebende Umsatzrückgang wird mit Blick auf den gesamten Verbund berechnet. Nicht selten fällt dieser dann geringer aus, weil einzelne Unternehmenseinheiten von der Pandemie weniger betroffen sind als andere. Da die Überbrückungshilfen an das Ausmaß des Umsatzeinbruchs knüpfen, kann das dazu führen, dass Förderschwellen zumindest vermeintlich unterschritten werden. Fallen Familienunternehmen dann aufgrund eines vermeintlichen Verbunds in eine niedrigere Förderung, ist das – euphemistisch ausgedrückt – misslich…

Wettbewerbsrechtliche Betrachtung der Märkte als „rettender Anker“

Ausschlaggebend kann in solchen Fällen eine aus dem EU-Beihilferecht stammende und daher wettbewerblich zu interpretierende Einschränkung sein. Sofern es nämlich um die Unternehmen einer einzigen Person oder einer gemeinsam handelnden Gruppe von Personen (z.B. einer Familie) geht, werden diese nur dann als verbunden angesehen, wenn sie auf demselben oder auf einander unmittelbar vor- bzw. nachgelagerten Märkten agieren (die oben bereits angesprochenen benachbarten Märkte). Der prüfende Dritte muss seinen Blick also auf diejenigen Märkte legen, die von den vermeintlich verbundenen Unternehmen bedient werden, und deren Verhältnis zueinander bewerten: Handelt es sich um dieselbe, um vor- bzw. nachgelagerte Marktstufen oder um unabhängige Märkte? Dafür sind wettbewerbsökonomische Kenntnisse oft unabdinglich.

Einfach gelagert sind Fälle, in denen sämtliche Unternehmen dasselbe Produkt an dieselbe Zielgruppe vertreiben – hier wird man um die Annahme eines Unternehmensverbundes kaum herumkommen. Spannend wird es jedoch, wenn z.B. unterschiedliche Marken (z.B. Automarken), unterschiedliche Zielgruppen (Groß- und Einzelhandel sowie Verbraucher) oder Mischungen aus beiden ins Spiel kommen, gegebenenfalls noch mit unterschiedlichen Vertriebssystemen.

So könnte es sich etwa dann darstellen, wenn ein vermeintlich verbundenes Unternehmen in Teilen an Einzelhändler und in anderen Teilen an Verbraucher vertreibt. Handelt es sich beim Antragsteller dann zum Beispiel um ein Restaurant, das Teile seiner Waren von diesem Unternehmen erwirbt (z.B. Lebensmittel), liegen benachbarte Märkte auf den ersten Anschein nahe. Der Wettbewerbsrechtler könnte in solchen Fällen allerdings versuchen, Teilmärkte abzugrenzen. Damit würde er erreichen, dass das Unternehmen nur insoweit als mit dem Antragsteller verbunden gilt, wie es einen benachbarten Teilmarkt bedient (hier: Verkauf an Verbraucher, da das Restaurant in wettbewerbsrechtlichen Terminologien ebenfalls ein Verbraucher ist). Die übrigen Umsätze könnten dann bei der Berechnung des Umsatzrückgangs außen vor bleiben.

Die Abgrenzung von Teilmärkten erfordert Augenmaß

Dieser Argumentationsstrang setzt jedoch voraus, dass es sich tatsächlich um wettbewerbsrechtlich unterscheidbare Teilmärkte handelt. Die wettbewerbsrechtliche Praxis verlangt hier, dass die Kunden sich in unterscheidbare Gruppen (z.B. Groß- und Einzelhandel) aufteilen lassen und dauerhaft differenzierenden Angebotsstrategien ausgesetzt sein können (z.B. betreffend Produktgestaltung Preisgestaltung oder Vertriebswegen). Hier ist eine gründliche Prüfung am Einzelfall erforderlich und es müssen die richtigen Fragen gestellt werden. Für die November- und Dezemberhilfen wurde dem prüfenden Dritten diese Aufgabe nun zumindest für Gaststätten abgenommen, da die FAQ am 19. März 2021 eine wichtige Ergänzung erfuhren: Für diese Branche können Umsätze mit anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten innerhalb desselben Unternehmensverbundes (richtigerweise) rausgerechnet werden. Vor dieser Änderung lehnten prüfende Dritte eine Antragstellung nicht selten ab, obwohl es sich aus wettbewerbsökonomischer Perspektive fast aufdrängte, dass das nicht im Sinne des Erfinders ist.

Für die Überbrückungshilfen hingegen bleibt diese Fragestellung weiterhin offen. Es gibt daher zumindest einstweilen keine andere Alternative, als in die wettbewerbsökonomische Einzelfallbetrachtung einzusteigen und die FAQ als das anzusehen, was sie sind: fragmentarische Abbilder eines wettbewerbsschützenden Europäischen Beihilferechts.

 

II. Mehr als nur ein „prüfender“ Dritter: Mit proaktiver Beratung zur vollen Förderhöhe

Der Förderzeitraum der Überbrückungshilfe III (grundsätzlich November 2020 bis Juni 2021) umfasst sowohl abgelaufene als auch zukünftige Monate. Oftmals wird für die Schätzung der zukünftigen Geschäftszahlen die Entwicklung in der Vergangenheit zugrunde gelegt. Beispielsweise werden die förderungsfähigen Fixkosten für die noch offenen Monate April bis Juni 2021 bei einer Antragstellung im April anhand einer Fortschreibung der Kosten der Monate Januar bis März 2021 sowie anhand eines Abgleichs mit den Monaten April bis Juni 2020 ermittelt. Dieses Vorgehen entspricht zwar gängiger Praxis, lässt aber jede proaktive Gestaltung vermissen.

Werden die einzelnen, in den FAQ genannten förderungsfähigen Kostenpositionen mit dem Mandanten besprochen, lässt sich in vielen Fällen erhebliches Gestaltungspotential ermitteln. Durch eine aktive Kommunikation zwischen Berater und Mandant kann dann die tatsächlich zustehende Förderhöhe optimal ausgenutzt werden.

Ein praxisrelevantes Beispiel: Kein Aufschub von notwendigen Anschaffungen

Grundsätzlich gelten als förderungsfähige Fixkosten Aufwendungen, die vor dem 1. Januar 2021 begründet worden sind. Aber kein Grundsatz ohne Ausnahme: Aufwendungen für Hygienemaßnahmen zum Beispiel sind auch ersatzfähig, wenn sie in der Zukunft entstehen. Hierunter fallen etwa Aufwendungen für Hygieneartikel (Schnelltests, Desinfektionsmittel, Masken, etc.) sowie die Anschaffung von bestimmten mobilen Luftreinigern.

Zu einer unternehmerisch optimierten Planung zählt dann auch der optimale Zeitpunkt für diese Aufwendungen, da die Beihilfe monatsgenau berechnet wird. Es empfiehlt sich daher in Rücksprache mit dem prüfenden Dritten, Aufwendungen für ohnehin notwendige Hygienemaßnahmen zeitlich so zu tätigen- eventuell sogar vorzuziehen –, dass diese Aufwendungen in einem Monat mit optimaler Förderhöhe (d.h. hoher Umsatzrückgang) fällig werden.

Auch bauliche Modernisierungs-, Renovierungs- oder Umbaumaßnahmen zur Umsetzung von Hygienemaßnahmen sowie Investitionen in Digitalisierung eröffnen einen Gestaltungsspielraum. Zum einen können bereits vor dem Förderzeitraum (März – Oktober 2020) angefallene Ausgaben, die bisher bei keiner anderen Beihilfemaßnahme berücksichtigt wurden, anerkannt werden. Zum anderen gilt auch hier, dass die Ausgaben auch dann berücksichtigt werden können, wenn sie rechtlich nach dem 1. Januar 2021 begründet wurden. Die Ausgaben müssen jedoch bis zum 30. Juni 2021 angefallen sein. Zwischenrechnungen müssen gestellt sein. Eine reine Beauftragung genügt nicht. Die Förderung im Rahmen der Überbrückungshilfe III eignet sich also auch dazu, den vielleicht schon lang geplanten, aber aufgrund der Corona-Pandemie aufgeschobenen Schritt in Richtung Digitalisierung zu gehen. Auch die Anschaffung und Erweiterung elektronischer Aufzeichnungssysteme (insb. TSE bei Kassen) können förderungsfähig sein. Hier ist der Schlüssel zur optimalen Förderhöhe ebenfalls die zeitliche Planung.

Ein weiteres Beispiel: Steuerung der Personalkosten

Personalkosten werden im Rahmen der Überbrückungshilfe III pauschal mit 20% einer Zwischensumme der förderungsfähigen Fixkosten aus den Kostenpositionen Nummern 1 bis 11 der FAQ berücksichtigt. Voraussetzung hierfür ist, dass dem Unternehmer tatsächlich Personalkosten entstehen (keine vom Kurzarbeitergeld erfassten Personalkosten) und nicht alle Angestellten in kompletter Kurzarbeit (sog. Kurzarbeit 0) sind.

Insbesondere diejenigen Unternehmen, die ihren Betrieb vollständig schließen mussten, haben häufig instinktiv alle Angestellten in komplette Kurzarbeit geschickt. Nach der zum Redaktionsschluss aktuellen Fassung der FAQ dürfte die Personalkostenpauschale dann aber entfallen. Eine proaktive Beratung hätte hier abgewogen, ob es Sinn ergibt, mindestens einen Angestellten jedenfalls teilweise im Betrieb zu lassen (hier sollten wenige Stunden Arbeitszeit pro Woche schon ausreichen). Die Folge: Dem Antragsteller dürfte die vollständige Personalkostenpauschale zustehen.

 

III. Fazit: Bestens beraten durch EEP

Die Interpretation und Anwendung der FAQ zur Überbrückungshilfe III stellen den prüfenden Dritten nicht selten vor Probleme, die er allein kaum zu lösen vermag.

Zum einen führt die kontinuierliche Anpassung und Änderung der FAQ, die als Werkzeug für die Anträge auf Überbrückungshilfe dienen sollen, zu Unsicherheiten bei der Anwendung. Am 10. Februar 2021 wurde erstmalig die Möglichkeit geschaffen, Anträge auf Überbrückungshilfe III zu stellen und entsprechende FAQ zur Regelung veröffentlicht. Nach diversen Anpassungen erfolgte die letzte Anpassung der FAQ vor Redaktionsschluss am 13. April 2021 mit Veröffentlichung am 15. April 2021. Nach so langer Zeit würde man grundsätzlich nur redaktionelle Änderungen erwarten – weit gefehlt: Es wurden grundlegende inhaltliche Änderungen vorgenommen, z.B. Eigenkapitalzuschüsse eingeführt, Förderungshöhen angehoben und Kostenpositionen umgestaltet.

Zum anderen stellt die Verwendung von Rechtsbegriffen, die innerhalb der FAQ nicht oder nur unzureichend erläutert sind, den prüfenden Dritten vor besondere Herausforderungen. Hier zeigte sich die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Rechtsanwälten als unschätzbarer Wettbewerbsvorteil. Bei der Gestaltung der Förderhöhe kann EEP seine Stärken voll ausspielen, damit keine Liquidität auf der Strecke bleibt.

 

Bildquelle: © TA2YO4NORI/iStock.com

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