Arbeitnehmer und Arbeitgeber können das Ende eines auf die Regelaltersgrenze befristeten Arbeitsvertrags einvernehmlich nach hinten verschieben, auch mehrfach. Einzige Einschränkungen: Die Verlängerung muss noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses erfolgen und die Arbeitsbedingungen dürfen nicht angetastet werden.
Der EuGH hat entschieden, dass die Regelung des § 41 Satz 3 SGB VI unionsrechtskonform ist. Diese Vereinbarkeit war bisher umstritten. Auch Arbeitsgerichte hatten Zweifel. Daher hat das LAG Bremen am 23.11.2016 (3 Sa 78/16) die Frage dem EuGH zur Klärung vorgelegt – mit überraschend erfreulichem Ausgang.
Für die Praxis in Unternehmen, aber auch für die Beratungspraxis, besteht nunmehr Rechtssicherheit. Denn der EuGH hat erkannt, dass die Regelung lediglich eine Ausnahme von dem in vielen Mitgliedstaaten üblichen und anerkannten Grundsatz der automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Altersgrenze darstellt. Die durch § 41 Satz 3 SGB VI eröffnete Wahlmöglichkeit zwischen dem ursprünglich feststehenden Ausscheiden aus der Arbeitswelt und der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses sei für Arbeitnehmer vorteilhaft, eine Diskriminierung wegen des Alters nicht zu erkennen.
Mit der Frage, ob die Anwendung des § 41 Satz 3 SGB VI zu einem Rechtsmissbrauch führen könne, haben sich die Luxemburger Richter nicht näher befasst und die Rechtsmissbrauchskontrolle an die nationalen Arbeitsgerichte gewiesen. Ein Rechtsmissbrauch kann unter Umständen vorliegen, wenn das Ende eines Arbeitsverhältnisses viele Male um nur wenige Monate oder gar Wochen hinausgeschoben wird. Ein betroffener Arbeitnehmer ist jedoch – durch den möglichen Bezug der Altersrente und den Wunsch des Arbeitgebers nach einer Verlängerung der Zusammenarbeit gestärkt – in einer besseren Verhandlungsposition, als ein jüngerer Arbeitnehmer (z.B. zu Beginn seiner Karriere). Damit dürfte die Frage des Rechtsmissbrauchs die Arbeitsgerichte weit weniger beschäftigen, als dies im Zusammenhang mit Befristungen der Fall ist.
Unerfreulich an dieser Entscheidung des EuGH ist, dass Vertragsbedingungen im Rahmen der Vereinbarung, mit der das Ende des Arbeitsverhältnisses hinausgeschoben wird, „in keiner Weise geändert“ werden dürfen, weil eine Reduzierung der Arbeitszeit häufig dem Wunsch der Arbeitnehmer nach Erreichen der Regelaltersgrenze entspricht. Auch wenn das Verständnis des EuGH rechtlich diskutabel ist, sollten solche Änderungen der Arbeitsbedingungen wie bisher nur mit zeitlichem Abstand zum Hinausschieben der Altersgrenze erfolgen.
Der Wortlaut des § 41 Satz 3 SGB VI:
„Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben.“
EuGH, Urteil vom 28.02.2018 – C-46/17
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