Zahlungsvergleiche zwischen Gläubiger und späterem Schuldner sorgen im Falle eines Insolvenzverfahrens regelmäßig für Streit. Der BGH hat jetzt klargestellt, welche Mindestvoraussetzungen erfüllt sein müssen.
Der BGH hat die Mindestvoraussetzungen für einen anfechtungsfesten Zahlungsvergleich zwischen Gläubiger und späterem Schuldner konkretisiert (Urteil vom 12.05.2016 – IX ZR 65/14).
Im vorliegenden Fall verlangte der Insolvenzverwalter im Wege der Insolvenzanfechtung gem. § 133 Abs.1 InsO die Erstattung einer Vergleichszahlung. Der Gläubiger war von der für den Schuldner tätigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über die buchmäßige Überschuldung und die drohende Zahlungsunfähigkeit informiert worden. Ferner wurde dem Gläubiger ein Sanierungskonzept vorgelegt, welches einen Schuldenschnitt beinhaltete. Der Gläubiger stimmte dem Schuldenschnitt zu und erhielt nachfolgend die angebotene Quote in Höhe von 35 % seiner Forderung. Fünf Jahre später wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet.
Der BGH hat nun entschieden, dass wegen der Aufforderung, einem Sanierungskonzept mit Schuldenschnitt zuzustimmen, gem. § 133 Abs.1 S.2 InsO vermutet wird, dass der Gläubiger die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kannte. Diese Kenntnis kann als Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners an Bedeutung verlieren, wenn die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften Sanierungsversuchs war.
Lag ein schlüssiges Sanierungskonzept vor?
Voraussetzung für einen solchen Versuch ist nach der ständigen Rechtsprechung, dass zum Zeitpunkt der Zahlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Konzept vorliegt, das zumindest in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt ist und begründete Erfolgsaussichten dafür bietet, dass der Schuldner seine uneingeschränkte Zahlungsfähigkeit dauerhaft wiedererlangt.
Hierzu stellte der BGH heraus, dass nicht zwingend alle Gläubiger an dem Sanierungsversuch beteiligt werden müssen. Ebenso wenig muss der Sanierungsplan bestimmten formalen Anforderungen (z.B. IDW-Standard S6) genügen. Der Gläubiger ist auch nicht verpflichtet, den Sanierungsplan fachmännisch prüfen zu lassen. Vielmehr kann er sich auf die Angaben des Schuldners verlassen, solange keine Anhaltspunkte für eine Täuschung bestehen.
Gläubiger in der Beweispflicht
Da der Gläubiger im Anfechtungsprozess jedoch die Beweislast für das Vorliegen eines schlüssigen Sanierungskonzepts trägt, muss dieser zumindest hinreichend über die wirtschaftliche Lage des Schuldners, die konkreten Krisenursachen, die Höhe der Gesamtverbindlichkeiten und die Anzahl der Gläubiger informiert sein. Insbesondere müssen die Maßnahmen zur dauerhaften Beseitigung der Krise dargelegt sowie eine positive Fortführungsprognose erkennbar sein. Der BGH stellte außerdem klar, dass ein Sanierungsversuch, der sich lediglich auf einen quotalen Forderungsverzicht der Gläubiger beschränkt, nur dann erfolgversprechend ist, wenn die Krisenursache allein auf ein schlüssig dargelegtes Finanzierungsproblem, beispielsweise einen Forderungsausfall, zurückzuführen ist.
Vermeidbares Risiko
Sind diese Informationen in dem vorgelegten Konzept nicht enthalten, sollte der Gläubiger zur Vermeidung eines späteren Anfechtungsrisikos gegenüber dem Schuldner dringend auf die Erteilung der Informationen bestehen. Unterlässt der Gläubiger dies, besteht das Risiko, dass er die durch den Schuldenschnitt erlangte Zahlung später an die Insolvenzmasse zu erstatten hat. Nach Ansicht des BGH kann der Gläubiger ohne Kenntnis der vorgenannten Mindestinformationen nicht von einem schlüssigen Sanierungskonzept ausgehen.
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