Nach der folgenreichen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Allgemeinverbindlichkeit des Manteltarifvertrags Baugewerbe – VTV will nun die Bundesregierung mit einem Eilgesetz reagieren. Das sorgt allerdings nicht für Rechtssicherheit, sondern wirft neue Fragen auf. Bei vielen Arbeitgebern im Baugewerbe herrscht nun umso größere Unsicherheit: Wie ist mit der neuen Situation umzugehen und inwieweit können Rückforderungen jetzt gestellt werden?
Bereits im alten Jahr hatten wir darüber berichtet, dass aufgrund gerichtlicher Entscheidungen die Allgemeinverbindlich-Erklärung des Arbeitsministeriums für Tarifverträge der SOKA-Bau für die Beitragszeiträume Oktober 2007 bis Dezember 2011 und Januar bis Dezember 2014 aufgrund von Verfahrensfehlern für unwirksam erklärt wurde. Weitere Jahre sind noch in der Prüfung. Die SOKA-Bau verwaltet Beiträge von 77.000 Betrieben für ca. 700.000 Bauarbeiter. Sie zieht 20 % der Lohnsumme ein, jährlich 2,6 Milliarden Euro.
Ungerechtfertigte Bereicherung oder Entreicherung?
Grundsätzlich könnten betroffene Arbeitgeber, deren Verpflichtung allein aus der Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge herrührt, die also keine Bezugnahme auf diesen Tarifvertrag im Arbeitsvertrag mit ihren Arbeitnehmern vereinbart haben, die für die fraglichen Zeiträume geleisteten Beträge nach den Grundsätzen ungerechtfertigter Bereicherung zurückfordern. Gegebenenfalls kann sich hierbei aber die SOKA-Bau auf Entreicherung berufen, nämlich dann, wenn sie die Beiträge entsprechend für Leistungen aufgewendet hat und diese nicht in Rücklagen geflossen sind. Die dreijährige Regelverjährung sollte aufgrund der Entscheidung in 2016 mit dem Schluss des Jahres 2016 beginnen. Damit können aber auch Sachverhalte, die bis zu 10 Jahre zurückliegen, aufgegriffen werden, mithin auch die genannten Zeiträume der festgestellten Unwirksamkeit.
Eilgesetz der Bundesregierung: Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot?
Die Bundesregierung hat ihrerseits angesichts einer befürchteten Welle von Rückzahlungsbegehren angeschlossener Betriebe mit einem Eilgesetz, dem „Sozialkassenverfahren-Sicherungsgesetz“ reagiert. Der Gesetzesentwurf soll das Problem aus Sicht der Bau-Sozialkasse heilen, indem alle Regelungen der eigentlich unwirksamen Tarifverträge per Gesetz zu dem eigenen Willen des Gesetzgebers erhoben werden. Im Ergebnis wären dann die festgestellten tarifrechtlichen Verfahrensfehler, die zur Unwirksamkeit führten, ohne jeglichen Belang. Ob dieses Gesetz aufgrund der entfalteten Rückwirkung, sollte es so erlassen werden, nicht seinerseits wegen eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot unwirksam ist, ist bereits jetzt die spannende Frage.
Was ist betroffenen Betrieben in diesem Wirrwarr zu raten?
Es schadet sicherlich nicht, erbrachte Beitragszahlungen für die fraglichen Zeiträume zum einen festzustellen, zum anderen gegenüber der SOKA-Bau eine Rückforderung zu erheben. Notfalls müsste man durch gerichtliche Maßnahmen, spätestens zum Jahresende 2017, die Verjährung unterbrechen.
Betroffene Unternehmen unterstützen wir in dieser komplizierten Lage mit Rat und Tat. Sprechen Sie uns jederzeit gern an.
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