Was ist genau ist Kurzarbeitergeld (KUG) und wie hoch ist der Anspruch? Welcher konkreten Voraussetzungen bedarf es für die Zahlung von KUG? Haben Auszubildende und „Minijobber“ Anspruch auf KUG? Und wie verhält es sich mit den Lohn-Nebenkosten während der Kurzarbeit? Diese und weitere Fragen beantworten die Fachanwälte für Arbeitsrecht, Dr. Kay Hässler und Mike Bogensee.
Was ist Kurzarbeit?
Kurzarbeit ist die Verringerung der betriebsüblichen Arbeitszeit aufgrund von wirtschaftlichen Schwierigkeiten (Auftragsmangel, Ausbleiben notwendiger Zulieferungen) oder infolge eines unabwendbaren Ereignisses. Kurzarbeit kann auch darin bestehen, dass gar nicht mehr gearbeitet wird („Kurzarbeit 0“). Kurzarbeit bedeutet zudem, dass der Entgeltanspruch entsprechend gemindert wird.
Was ist Kurzarbeitergeld (KUG)?
Das KUG ist eine Lohnersatzleistung, die für die Dauer der Kurzarbeit von der Agentur für Arbeit gezahlt wird und dem Arbeitgeber, der insoweit in Vorleistung geht, auf Antrag erstattet wird.
Wie hoch ist der Anspruch?
Dieser beträgt derzeit 60% des Nettolohns, bei Arbeitnehmern mit unterhaltspflichtigen Kindern 67%. Ausgeglichen wird der durch die Kurzarbeit verursachte Lohnausfall bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze in der Arbeitslosenversicherung.
Beim Treffen des Koalitionsausschusses am 22.04.2020 in Berlin beschlossen die Spitzen von Union und SPD nach „sehr intensiven Verhandlungen“ eine stufenweise Anhebung des Kurzarbeitergeldes. Die Neuregelung, auf die sich die Koalition verständigt hat, sieht im Detail vor, dass in den ersten drei Monaten die bisherigen Kurzarbeitergeld-Sätze gelten. Ab dem 4. Monat würden 70 bzw. 77 Prozent, ab dem 7. Monat dann 80 bzw. 87 Prozent der Nettoentgeltdifferenz gezahlt. Die Regelung gilt jedoch längstens bis 31. Dezember 2020.
Kurzübersicht:
Kinderlose Beschäftigte Beschäftigte mit Kinder
Vom 1. bis 3. Monat 60 % 67 %
Ab dem 4. Monat 70 % 77 %
Ab dem 7. Monat 80 % 87 %
Welcher weiteren konkreten Voraussetzungen bedarf es für die Zahlung von KUG?
– Der Arbeitsausfall beruht auf wirtschaftlichen Gründen oder auf einem unabwendbaren Ereignis, d. h. er ist nicht saisonal bedingt, der Ausfall ist vorübergehend (daher nicht möglich, wenn schon feststeht, dass der Betrieb endgültig geschlossen wird) und der Arbeitsausfall ist unvermeidbar, d. h. wenn betriebliche Maßnahmen, wie z.B. der Abbau von Überstunden und Urlaub (zumindest aus dem Vorjahr), bereits ergriffen wurden oder nicht mehr möglich sind.
– Es müssen mindestens 10 % der Belegschaft mit einem Verlust von mehr als 10 % des monatlichen Entgelts betroffen sein.
– Der Arbeitsausfall ist der Agentur für Arbeit im gleichen Monat anzuzeigen.
– Der anspruchsberechtigte Arbeitnehmer übt eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aus.
– Minijobber haben daher keinen Anspruch.
Haben Auszubildende und geringfügig Beschäftigte („Minijobber“) Anspruch auf KUG?
Bei Auszubildenden steht die Fortsetzung der Ausbildung unbedingt im Vordergrund. Kurzarbeit für diesen Personenkreis ist daher grundsätzlich nicht möglich. Bei vollständiger Betriebsschließung mag in Abstimmung mit der Bundeagentur anderes gelten. Geringfügig Beschäftigte („Minijobber“) sind nicht KUG-berechtigt.
Müssen alle Arbeitnehmergruppen im Betrieb von dem Arbeitsausfall betroffen sein?
Nein, es reicht, wenn 10 % der Belegschaft von einem mehr als 10%-igen Arbeits- und Lohnausfall betroffen sind. Es ist unschädlich, wenn bestimmte Abteilungen voll arbeiten.
Wie lange kann KUG gezahlt werden?
Nach derzeitiger Rechtslage für höchstens 12 Monate. Eine Verlängerung auf 24 Monate ist denkbar.
Wie verhält es sich um die Lohn-Nebenkosten während der Kurzarbeit?
Sozialabgaben werden erspart. Zwar muss der Arbeitgeber zunächst für die ausgefallenen Arbeitsstunden für das eigentlich zu zahlende Entgelt Sozialabgaben abführen, und zwar in Höhe in von 80 % der Arbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Rentenversicherung (ohne Arbeitslosenversicherung). Diese Beträge werden jedoch vollständig mit dem Kurzarbeitergeld von der Bundesagentur erstattet.
Kann der Arbeitgeber einseitig Kurzarbeit anordnen?
Nein, es bedarf hierzu eines arbeitgeberseitigen Anspruchs. Dieser kann sich auch aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag selbst, einer Betriebsvereinbarung, einem Tarifvertrag oder einem Nachtrag zum Arbeitsvertrag ergeben.
Kann ein Mitarbeiter Kurzarbeit verweigern?
Grundsätzlich ja, solange der Arbeitgeber nicht zur einseitigen Anordnung berechtigt ist. Denkbar, aber rechtsunsicher in der Durchsetzung, ist der Ausspruch einer Änderungskündigung. Effektiver dürfte es sein, eine individuelle einzelvertragliche Lösung anzustreben.
Wie dokumentiert der Arbeitgeber die Kurzarbeit?
Hierzu ist, sofern kein Betriebsrat besteht, mit jedem Arbeitnehmer eine individuelle Vereinbarung abzuschließen, sofern kein einseitiges Anordnungsrecht des Arbeitgebers besteht. Nach Möglichkeit sollten hierbei – sowohl bei Vereinbarung oder einseitiger Anordnung – auch Beginn und Dauer der Kurzarbeit und die Verteilung einer verringerten Arbeitszeit benannt werden.
Wie wirken sich Nebentätigkeiten während der Kurzarbeit aus?
Wenn die Nebentätigkeit schon vor Beginn der Kurzarbeit durchgeführt wurde, ergeben sich keine Auswirkungen in Form einer Anrechnung. Nehmen Beschäftigte während des Bezugs von KUG eine Nebentätigkeit auf, so wird das daraus erzielte Entgelt auf das KUG angerechnet. Dies gilt nicht für Tätigkeiten in bestimmten systemrelevanten Bereichen, z. B. im medizinischen Sektor oder als Erntehelfer. Darüber hinaus beschlossen die Spitzen von Union und SPD nach „sehr intensiven Verhandlungen“ beim Treffen des Koalitionsausschusses am 22.04.2020 in Berlin, dass ab dem 1. Mai 2020 bis 31. Dezember 2020 für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Kurzarbeit die bereits bestehenden Hinzuverdienstmöglichkeiten mit einer Hinzuverdienstgrenze bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens für alle Berufe geöffnet werden.
Kann der Arbeitgeber das KUG aufstocken?
Vom Arbeitgeber gezahlte Aufstockungsbeträge oder Zuschüsse zum KUG werden bei dessen Berechnung nicht berücksichtigt. Sie vermindern nicht das KUG, soweit noch ein Arbeitsausfall gegeben ist.
Wie sind die Auswirkungen auf dem KUG-Anspruch, wenn Arbeitnehmern gekündigt werden muss?
Nach Ausspruch einer Kündigung besteht ab diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf KUG mehr, weil dann feststeht, dass der Arbeitsausfall nicht mehr dauerhaft ist. Dies gilt entsprechend bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags.
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